Kleinste Komponenten groß im Kommen – Compamed

(November 2017) 80 Aussteller aus 35 Ländern, noch mehr internationale Beteiligung und fast 20.000 Fachbesucher – die Compamed, Fachmesse der Medizintechnik-Zulieferer, bleibt in der Erfolgsspur. Auch der Zulieferer-Bereich der Medizintechnik-Industrie setzt weiter auf ein stetiges Wachstum.

Digitalisierung und Miniaturisierung sind derzeit die wichtigsten Treiber, die u. a. die Mikrotechnik beflügeln. „Der Bedarf nach smarten, miniaturisierten Bauteilen für Medizinprodukte sowie nach effizienten und hochpräzisen Fertigungsverfahren wächst weiterhin rasant“, konstatiert der IVAM Fachverband für Mikrotechnik. Wie jedes Jahr war der Verband mit einem internationalen Produktmarkt unter dem Leitmotto „Hightech for Medical Devices“ bei der Compamed 2017 vertreten. Schlüsseltechnologien für die Spezialisten der kleinen Teile sind Mikrotechnologie, Nanotechnologie, Photonik, MEMS (Mikrosystemtechnik) und neue Materialien.

Mit dem Trend Miniaturisierung hat auch das Fraunhofer-Institut für Elektronische Nanosysteme Enas zu tun. Zur Compamed hatte das Institut das Projekt `Sens-o-Spheres´ mitgebracht, das mit dem Fachbereich Bioverfahrenstechnik der TU Dresden und Industriepartnern entwickelt wurde. `Sens-o-Spheres´ sind erbsengroße (etwa acht Millimeter im Durchmesser) Sensorkugeln für die Prozessüberwachung in Bioreaktoren vom Milliliter- bis in den Literbereich. Mit den derzeit kleinsten Temperatursensoren der Welt „an Bord“ bewegen sie sich frei im Reaktionsvolumen und liefern so kontinuierlich Messwerte aus allen Bereichen des Reaktors. „Wir können auch mehrere Spheren gleichzeitig einsetzen und so sehr viele Messdaten drahtlos erhalten“, sagt Tobias Lüke, Wissenschaftler am ENAS. Die schlauen, sterilisierbaren „Erbsen“ sollen zur Entwicklung und Verbesserung von Prozessen in der Pharma- und Life Science-Industrie beitragen. Ihre Energie erhalten sie in einem Ladevorgang über Nacht.

Ganz andere Anwendungen im Sinn haben die Kollegen des Fraunhofer-Instituts für Siliziumtechnologie ISIT bei ihrem Sensoreinsatz: Dabei handelt es sich um eine Kraftsensorschuheinlage, die das Gang- und Laufprofil durch die Messung der Druckverteilung ermittelt. Die Daten werden per Bluetooth zu einem PC oder Smartphone übertragen und akustisch oder grafisch ausgewertet. „Unsere Zielsetzung besteht darin, durch die akustische Ganganalyse zur Verletzungsprävention, zur Rehabilitation und zu besseren Ergebnissen im Freizeitsport beizutragen“, erläutert Lars Blohm, Forscher im Bereich Biosensortechnik/Systemintegration am ISIT. Die Entwicklung wurde mit dem Sportmedizinischen Institut Hamburg vorangetrieben, weitere Ansätze sind die Messung von Temperatur und Feuchte.

Besondere Stärken in der Fertigung feinmechanischer Komponenten mit engen Toleranzen besitzt Beutter Präzisions-Komponenten. Das Unternehmen fertigt Einzelteile und Baugruppen für medizintechnische Instrumente, Prothesen und Implantate bis zur höchsten Risikoklasse III. „Wir stellen anspruchsvolle Kleinserien in Stückzahlen etwa zwischen 50 und 1.000 her und verfügen im Haus über alle zerspanenden Fertigungsverfahren wie Drehen, Fräsen, Schleifen und Honen“, berichtet Dr. Wolf-Dieter Kiessling, Geschäftsführender Gesellschafter bei Beutter. Für einen Kunden hat die Firma aktuell einen medizinischen Port, also einen subkutanen, dauerhaften Zugang zum Blutkreislauf, entwickelt. Er besteht aus einem Titanring und einer Silikonmembran, die bis zu 1.000mal punktierbar ist. Beutter hat besondere Fähigkeiten bei der Bearbeitung schwieriger Materialien und ihrer Verbindung untereinander, die zudem insbesondere bei Gewebekontakt hohe Anforderungen hinsichtlich Biokompatibilität und Ermüdungsfestigkeit erfüllen müssen.

Nicht nur Metalle und Legierungen, sondern vor allem auch Kunststoffe sind wichtige Materialien für Produkte der Medizintechnik. Allerdings steigen die Anforderungen an Systeme und Baugruppen aus Polymeren beständig weiter. Seit über 30 Jahren ist der Kunststoffverarbeiter Riegler bemüht, dieser Herausforderung zu begegnen und stellt aktuell Formteile zwischen 0.007 und 800 Gramm her. Dabei greift Riegler auch zu modernsten Fertigungsverfahren: „Wir folgen aktiv dem Trend 3D-Druck und haben unseren Kunden erste Prototypen vorgestellt. Uns geht es dabei nicht nur um Teile, sondern vor allem auch um Werkzeuge, die wir drucken“, sagt Dr. Thomas Jakob, Leiter Business Unit Medizintechnik bei Riegler. Dadurch lassen sich auch Prototypen schnell und kostengünstig fertigen.

Ein fester Bestandteil der Compamed sind Verpackungen, die gerade im medizinischen Bereich von besonderer Bedeutung sind. Das Unternehmen Multivac präsentierte diesmal u.a. Lösungen für das automatisierte Zuführen von vorgefüllten Glas- und Kunststoffspritzen, Handhabungsmodule und Trägersysteme. Die Automatisierungskomponenten erlauben das kontrollierte und prozesssichere Einbringen von bis zu 3.000 Spritzen pro Minute in die Packungsmulden. Alle Module sind mit den Tiefziehverpackungsmaschinen synchronisiert und lassen sich über ihr Bedienterminal komfortabel steuern. Das breite Portfolio von Multivac umfasst eine Vielzahl an Bändern, Träger- und Zuführsystemen, die je nach zu verpackendem Produkt individuell zugeschnitten werden können. Beispielsweise lassen sich Nadeln und Plunger, die als Bulkware bereitgestellt werden, mittels Vibrationstöpfen und Zentrifugen separieren und der oder den Verpackungsmaschinen übergeben. So gelangen Spritzen, Beutel, Ampullen oder Vials letztlich per Roboter in ihre vorgesehenen Packungsmulden.

Gerade einmal elf Gramm wiegt der Motor von Faulhaber, der einen Finger in der bebionic Handprothese von ottobock bewegt. Insgesamt ermöglichen fünf Motoren mit Getriebe die Ausführung von vierzehn verschiedenen Griffmustern. Auch die Antriebstechnik ist fester Bestandteil der Compamed – ebenso wie die Firma Dr. Fritz Faulhaber. Inzwischen bietet das Unternehmen eine Vielzahl von Lösungen für Analysegeräten und Automaten in der Labortechnik an. Für das Verstellen von Optiken, Spiegeln oder Lasern stehen zudem extrem präzise Motoren zur Verfügung: „Mit ihnen können wir im Nanometerbereich positionieren“, sagt Frank Maier, Applikationsberater bei Faulhaber. Um das überhaupt feststellen zu können, wird ein geeignetes Messsystem benötigt. „Deshalb bieten wir das integrativ mit an, also als Komplettlösung“, so Maier. Damit steht Faulhaber für mehrere Trends der Fachausstellung, die seit einigen Jahren gelten: Immer kleiner, immer kompakter, immer funktionaler…

Quelle Text: compamed

Quelle Bild: Messe Düsseldorf / ctillmann