Leben unter Druck: Druckmessung in der Medizintechnik

(April 2018) Druck bewegt. Ohne Luftdruck-Unterschiede gäbe es kein Wetter. Die gewaltige Brennkammer einer Ariane 5-Rakete braucht einen Druck von mehreren Hundert bar, um abzuheben. Phantastisch! Sogar in pflanzlichen Zellen wirken bis zu 40 bar auf die Zellwände.

Zudem braucht der menschliche Körper Druck – in seinen Zellen, für den Bluttransport, für die Atmung, für jede Körperfunktion. Auch wenn die Druckunterschiede oft winzig sind. Im Pleuralspalt braucht der Mensch gerade mal einen Unterdruck von 8 mbar zum Atmen. Kein Wunder, dass man Druckmessungen damit auch in einer Vielzahl von medizinischen Geräten findet. Weil die Messung von Körpereigenschaften wie Blutdruck, Lungendruck auf der Messung physikalischer Größen basiert, mussten wir Menschen zuerst die Prozesse um uns herum verstehen. Mit dem Verständnis der mechanischen Arbeit fing alles im Mittelalter an.
Das Verständnis von Luft und Gasen und damit von Unter- und Überdruck machte die Erfindung des Barometers möglich – zuerst als mechanische Übertragung und Zeigern, im 20. Jahrhundert durch elektrische Messwandler der Bewegungen von Membranen, Federn oder Dehnmessstreifen.
In den 60er-Jahren begann mit dem Einzug der Mikroelektronik das Zeitalter der Silizium Drucksensoren. Heute findet man sie in allen technischen Branchen. Drucke von 1 mbar bis 10 bar sind mit hoher Genauigkeit messbar – egal, ob als Absolut-, Relativ- oder Differenzdruck.
Dabei bietet die Druckmessung mit einer Siliziummesszelle unschlagbare Vorteile:

  • die Massenproduktion nach starken Preissenkungen seit den 70er-Jahren
  • die Miniaturisierung bis zu Sensorgrößen von wenigen Millimetern
  • die hohe Präzision und die hohe Langzeitstabilität.

Die Medizintechnik machte sich die Entwicklung der Druckmessung zunutze. Heute übernehmen mikroprozessor-gesteuerte Geräte in vielen medizinischen Bereichen wichtige Aufgaben – ganz besonders in der Beatmung. Heute sind Drucksensoren unverzichtbar in der Medizin. Beatmungsgeräte und Zubehör sind heute ein Milliardenmarkt. Einsatzgebiete und Varianten werden dabei zunehmend raffinierter. Bei Beatmungsgeräten wählt der Arzt heute zwischen unterstützter Spontanatmung, druckkontrollierter Beatmung, volumenkontrollierter Beatmung und speziellen Beatmungsformen, z.B. in der Beatmung Frühgeborener. Dass Drucksensoren besonders genau sein müssen, versteht sich deshalb.
Auf dem Digitalgipfel 2017 der Bundesregierung war die Medizin ein Schwerpunkt-Thema. Digitale Medizintechnik boomt. Die Sammlung von Gesundheitsdaten mit Smartphones und anderen Wearables wird Standard werden – bei der Puls- und Blutdruck-Messung und anderen „remote“-Überwachungen.
Quo vadis, Medizintechnik? Kommt es irgendwann zum „Upgraden des Körpers“ zur Verbesserung oder Überwindung seiner natürlichen Eigenschaften? Wo macht diese hochinnovative Vereinigung von Medizin, Sensorik und IT halt?
Müssen wir in Zukunft zur Behandlung eines Menschen seine Bedienungsanleitung lesen?

Den gesamten Artikel finden Sie in der Print-Ausgabe Heft 3 der mt-medizintechnik.

Quelle Text: Dr. Peter Hasbach, AMSYS GmbH & Co. KG

Quelle Bild: Dr. Peter Hasbach/wikipedia