White Paper zu Nutzungs- und Erfolgspotenzialen der Blockchain-Technologie im Gesundheitswesen

(August 2017) Die „Blockchain“ hat bisher vorrangig im Finanz- und Energiesektor Anwendung und Beachtung gefunden. Bekanntheit erlangte sie schließlich vor allem durch digitale Währungen wie „Bitcoin“. Trotz vorhandener Nutzungspotenziale fällt die Verbreitung der jungen Technologie in der Gesundheitsbranche allerdings noch sehr gering aus.

Das WIG2 Institut nahm dies zum Anlass und hat nun ein White Paper zum Status Quo und Potentialen der Technologie im Gesundheitswesen veröffentlicht. Dieses erfasst die Funktionsweise der Blockchain sowie ihre Erfolgsfaktoren, um schließlich fallspezifisch Anwendungsbeispiele sowie potenzielle Implementierungs-strategien für das Gesundheitswesen zu formulieren. Dabei steht die Frage im Fokus, inwiefern die Blockchain eine Demokratisierung des Gesundheitswesens begünstigt.

Hierfür interviewte das WIG2 auch Fachexperten aus der Praxis des Gesundheitsmarktes: Dr. Tobias Gantner, Geschäftsführer der Healthcare Futurists GmbH, und Ronald Schwarz, Leiter Vorstandsreferat Data Science bei der BIG direkt gesund.

Die Blockchain – Funktionsweise und Anwendung für das Gesundheitswesen

Die Blockchain-Technologie kann als eine Aneinanderreihung von Informationsbausteinen verstanden werden. Kennzeichnend für die Blockchain ist dabei, dass ausschließlich neue Bausteine hinzugefügt werden, nicht aber verändert werden können, wenn sie einmal validiert worden sind. Dadurch wird eine Datenmanipulation verhindert. Die Daten und Transaktionen einer Blockchain werden dabei dezentral gespeichert. Dieses Vorgehen ermöglicht eine direkte Kommunikation zwischen den an einer Transaktion beteiligten Akteuren – eine vermittelnde Instanz samt Transaktionskosten fällt entsprechend weg.

Während die Blockchain-Technologie bislang hauptsächlich von Unternehmen des Finanz- und Energiesektors genutzt wurde, identifiziert das WIG2 Institut mit Unterstützung durch Dr. Tobias Gantner und Ronald Schwarz auch eine Vielzahl an Anwendungspotenzialen für Unternehmen im Gesundheitswesen. „Es ist das erste Mal in der Geschichte möglich Transaktionen, sowohl monetäre als auch nicht monetäre, die etwas mit der Verrechnung von Ansprüchen und Rechten zu tun haben, dezentral zu verwalten“, argumentiert Ronald Schwarz von der BIG direkt gesund. So kann die Blockchain etwa der dezentralen Dokumentation von Gesundheitsinformationen dienen. Dabei tragen, so Schwarz, nicht nur die Krankenkassen als Leistungserbringer Informationen in die Blockchain ein, auch Patienten können diese zukünftig ergänzen. Dieses Verfahren bietet sich auch im Zusammenhang mit Bonusprogrammen der Krankenkassen an. Die Teilhabe mehrerer Parteien am Informationsaustausch reduziert dabei in entscheidendem Maß die Überprüfungsaufwendungen der Krankenkassen im Zusammenhang mit bonusrelevanten Aktivitäten. Ein weiterer Anwendungsbereich liegt nach Schwarz im Krankenhaus selbst.

Der Einsatz der Blockchain und damit die dezentrale Datendokumentation könnte hier entscheidend zur Qualitätssicherung des krankenhausinternen Supply Chain Managements beitragen. Dies meint vor allem die Kontrolle von Wareneingängen samt Lieferanten, die Verwaltung von Beständen, aber auch die Zuordnung der für einen spezifischen Patienten eingesetzten Produkte. In diesem Zusammenhang ist insbesondere der Schutz vor Datenmanipulation als entscheidender Faktor hervorzuheben. Auch chronisch erkrankte Patienten können von der Blockchain-Technologie profitieren. Eine stärkere Digitalisierung ist hier etwa bei implantierten Insulinpumpen von Vorteil. Weiterhin können Betrugspotenziale in der Rezeptabrechnung dank der Blockchain durch ein gezieltes Freischalten der Rezeptinformationen bei einer ausgewählten (Online-)Apotheke reduziert werden. In Folge einer entsprechenden Devalidierung wird ein erneutes Einlösen des Rezepts unmöglich.

Insgesamt sieht Dr. Tobias Ganter in der Blockchain-Technologie, abgesehen von den genannten, möglichen Anwendungsfeldern, auch ein entscheidendes Demokratisierungspotenzial des Gesundheitswesens. Laut Gantner steht dabei die Vertrauensfunktion der Blockchain im Vordergrund. Dieses Vertrauen stelle einen entscheidenden Schritt hin zu einem Patienten als selbstbestimmten und aktiven Teilhaber an der Gesundheitsversorgung dar. Der Patient kann fortan aufgrund des direkten Kommunikationscharakters der Blockchain ohne Umwege über vermittelnde Instanzen aktiv am Informationsaustausch partizipieren. Die Bereitstellung patientenbezogener Informationen im Blockchain-Netzwerk, wirke sich, so Gantner, unmittelbar positiv auf eine schnellere Beratung und damit auf eine schnellere Identifikation von Behandlungsmaßnahmen aus.

Im Rahmen des White Papers wurden entsprechend Anwendungs- und Erfolgspotenziale der Blockchain eruiert und diskutiert. Abgesehen davon formuliert das WIG2 Institut aber auch konkrete Strategien für Unternehmen des Gesundheitswesens zur Implementierung der Technologie. Diese Strategien verfolgen das Ziel, Schritt für Schritt – vom Projekteinstieg bis hin zum vollständigen Rollout – eine erfolgreiche Realisierung der Technologie zu bewirken. Dabei sind zunächst unternehmensspezifische Anwendungsfelder zu identifizieren und die technische Umsetzung zu konzipieren wie auch zu überprüfen. Mit einer erfolgreichen Einführung der Blockchain-Technologie wäre damit ein entscheidender Schritt hin zu einem demokratisierten Gesundheitswesen getan.

Weiterführende Informationen zum Thema sowie einen Downloadlink finden Sie unter: http://www.wig2.de/special/white-paper-blockchain.html

Quelle Text und Bild: © WIG2 GmbH