87. Gesundheitsministerkonferenz in Hamburg

Medizin und Konferenz(fb-Juli 2014) Die 87. Gesundheitsministerkonferenz (GMK) hat auf ihrem zweitägigen Treffen in Hamburg darüber beraten, wie die gesundheitliche Versorgung vor dem Hintergrund des demografischen Wandels neu ausgerichtet werden muss. Angesichts des diesjährigen Schwerpunktthemas „Gesundheit und Demographie“, fasste die Gesundheitsministerkonferenz im Beisein von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe einige Beschlüsse zur zukünftigen Ausrichtung der Gesundheitsversorgung in Deutschland.

 

Darin sprechen sich die Teilnehmer unter anderem für mehr Prävention und Gesundheitsförderung, eine Stärkung der Allgemeinmedizin und eine stärkere Ausrichtung auf ambulante Versorgung und Pflege aus.

„Die älterwerdende Gesellschaft stellt unser Gesundheits- und Pflegesystem schon jetzt vor große Herausforderungen. Wir brauchen völlig neue Modelle der Gesundheitsversorgung für den ländlichen Raum und eine altersgerechte Medizin“, sagte die Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks. Um die Versorgung auch im ländlichen Raum sicherzustellen, schlagen die Gesundheitsministerinnen und minister u.a. Gesundheitshäuser, in denen Ärztinnen und Ärzte temporär Sprechstunden abhalten, und den Ausbau von mobilen Arztpraxen vor. Die Zusammenarbeit zwischen Krankenhäusern und niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten sowie den verschiedenen Gesundheitsberufen untereinander muss intensiviert werden.

Der saarländische Gesundheitsminister Andreas Storm ergänzt: „Wir müssen konkrete Maßnahmen für eine demografiegerechte Versorgung erarbeiten, um mehr Planungssicherheit zu erreichen und die gesundheitliche Versorgung ganzheitlich auszurichten. Dazu ist es erforderlich, dass wir die Sektorengrenzen überwinden. Die ambulante und die stationäre Versorgung, aber auch Rehabilitation und Pflege müssen stärker miteinander kooperieren.“

Durch den demografischen Wandel wird auch die Behandlung älterer Menschen für die Krankenhäuser von wachsender Bedeutung. Ältere Menschen haben oft mehrere und chronische Erkrankungen. Das erfordert komplexe und fachübergreifende Behandlungsstrategien. Gerade deshalb muss auch die medizinische Versorgung teamorientierter über medizinische Fachgrenzen hinaus ausgerichtet werden.

Die GMK hält die Errichtung von geriatrischen Institutsambulanzen für einen wichtigen Baustein und bittet das BMG, darauf hinzuwirken, dass die Selbstverwaltung bis zum Jahresende dafür die Voraussetzungen schafft. Neben einer besseren Verteilung der Ärztinnen und Ärzte und stärkeren Kompetenzen der Länder bei der Bedarfsplanung sei insbesondere eine Stärkung der Allgemeinmedizin notwendig. Das müsse schon im Medizinstudium beginnen durch eine Verankerung der Allgemeinmedizin als Kernfach im Studium, Famulaturen bei Hausärztinnen und ärzten und einem Pflichtquartal im Praktischen Jahr.

Senatorin Prüfer-Storcks: „Im Moment bilden wir 90 Prozent Fachärztinnen und ärzte und 10 Prozent Allgemeinmediziner aus. Wenn wir nicht gegensteuern, dann gehen uns nicht nur in den ländlichen Regionen die Hausärztinnen und ärzte aus.“ Die Hamburger Gesundheitssenatorin wies darauf hin, dass es große Übereinstimmungen zwischen den Vorschlägen der GMK und des Gutachtens des Sachverständigenrates für das Gesundheitswesen gebe, das vor wenigen Tagen veröffentlicht wurde und die Versorgung im ländlichen Raum als Schwerpunkt hat.

Senatorin Prüfer-Storcks: „Wir haben unabhängig voneinander die selben Probleme und Lösungen gesehen. Es ist zu hoffen, dass Bundesgesundheitsminister Gröhe diese doppelte Botschaft in seine weiteren Planungen einbezieht.“ Unterstützung vom Sachverständigenrat kam auch für eine andere Forderung der Länder, die diese auf der GMK erneuerten: Ein Umstrukturierungsfonds, mit dem nicht mehr bedarfsnotwendige Krankenhäuser in Gesundheitszentren mit ambulanter, rehabilitativer und pflegerischer Versorgung umgewandelt werden sollen. Die Länder halten auch mit Blick auf die demografische Entwicklung ein Gesundheitsförderungs- und Präventionsgesetz für dringend geboten. In die Konzeption des Gesetzes sollen bisherige erfolgreiche Ansätze auf Länderebene einfließen. Prävention und Gesundheitsförderung müsse sich über alle Altersstufen erstrecken und vor allem in den lokalen Lebenswelten stattfinden. An der Finanzierung dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe sollen sich nach Auffassung der GMK alle Sozialversicherungsträger beteiligen auch die private Krankenversicherung. Präventionsausgaben müssten deutlich erhöht werden. Sie drängen insofern auf eine zügige Umsetzung der Koalitionsvereinbarung zu diesem Punkt. Intensiv begleitet die GMK die Situation der freiberuflichen Hebammen in der Geburtshilfe. Die Länder halten über die bereits eingeleiteten kurzfristigen Maßnahmen des Bundes hinaus weitere langfristig ausgerichtete strukturelle Änderungen zur Lösung der Haftpflichtproblematik für erforderlich. Die GMK begrüst die Zusage des Bundesgesundheitsministers, dass er die Länder laufend über seine Vorschläge unterrichten.

Auf der Tagesordnung des zweitägigen Ministertreffens standen über 30 Anträge. Einige der weiteren Beschlüsse in der Übersicht:´

 

Eckpunkte zur Überprüfung der für die Berufsausübung erforderlichen Deutschkenntnisse in akademischen Heilberufen

Wer als ausländischer Arzt, Psychotherapeut oder Apotheker in Deutschland tätig werden will, muss dafür über ausreichende Kenntnisse sowohl in der Umgangssprache als auch in der Fachsprache verfügen. Die Gesundheitsministerkonferenz hat sich auf ein einheitliches Überprüfungsverfahren der Sprachkenntnisse verständigt. Ärzte, Zahnärzte und Apotheker müssen sich mit Patientinnen und Patienten mühelos verständigen, Anamnesen erheben und über Vor- und Nachteile von Behandlungen und Behandlungsalternativen aufklären können. Gegenüber Kolleginnen und Kollegen müssen sie sich klar ausdrücken können, damit Fehldiagnosen und falsche Therapieentscheidungen aufgrund von Verständnisfehlern ausgeschlossen sind. Dazu müssen sie ein allgemeines Sprachniveau B2 und ein Fachsprachenniveau C1 nachweisen. Bei Psychotherapeutinnen und therapeuten, deren Therapiemittel die Sprache ist, sind die Anforderungen entsprechend höher. Die Länder sind für Überprüfungen der Sprachkenntnisse und Erteilung einer Approbation zuständig.

 

Patientensicherheit

Die Länder wollen die Sicherheit der Patientinnen und Patienten verbessern. Sie setzten sich deshalb dafür ein, dass das im Aufbau befindliche, bundesweit tätige Qualitätsinstitut in seinen Erhebungen Kriterien verstärkt berücksichtigt, die es erlauben, Krankenhäuser nach der Sicherheit der Patientinnen und Patienten zu bewerten. Die Krankenhäuser sollen diese´Zahlen in ihren Qualitätsberichten veröffentlichen. Außerdem fordert die GMK, dass in allen Gesundheitsberufen das Thema Patientensicherheit als Ausbildungs- und Prüfungsgegenstand stärker verankert wird. Die Länder sprechen sich auch für eine öffentliche Förderung des Aktionsbündnisses Patientensicherheit aus.

 

Qualität in der Krankenhausplanung

Die Bundesregierung will Qualität als weiteres Kriterium für Entscheidungen der Krankenhausplanung gesetzlich einführen. Dies gibt den Ländern die Möglichkeit, Bedingungen, z.B. für Strukturqualität, für die Aufnahme und den Verbleib von Krankenhäusern im Krankenhausplan zu stellen. Die Länder wollen gemeinsam eine qualitätsorientierte Krankenhausplanung entwickeln.

 

Zahngesundheit bei Kleinkindern

Deutlich ausbauen wollen die Länder die zahnmedizinische Früherkennung bei Kleinkindern. Die derzeitigen Untersuchungen erst ab dem 30. Lebensmonat seien deutlich zu spät. Zahnärztliche Früherkennungsuntersuchungen sollten mit den Kinderuntersuchungen U6 (10. bis 12. Lebensmonat) und U7 (21. bis 24. Lebensmonat) vernetzt und in das „gelbe Heft“ aufgenommen werden.

 

Multiresistente Krankheitserreger

Entsprechend einem Hamburger Modellprojekt sollen Patientinnen und Patienten mit besonderem Infektionsrisiko vor einer Krankenhausaufnahme auf bestimmte multiresistente Krankheitserreger (MRGN) getestet werden. Die GMK bittet die Bundesregierung, dafür die gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen. Behandlungszentren für Menschen mit schwerer Behinderung Für erwachsene Patientinnen und Patienten mit geistiger oder schwerer körperlicher Behinderung sollen ambulante medizinische Behandlungszentren geschaffen werden. Dazu soll ein neuer Paragraph im SGB V geschaffen werden. Bisher fehlen für solche Einrichtungen, wie sie zurzeit beispielsweise in Hamburg durch die Evangelische Stiftung Alsterdorf geschaffen wird, die gesetzlichen Grundlagen.

Quelle Text: Pressestelle der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz