(fb) Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) erforschen zur Zeit die Umsetzung von Signalen im Hörnerv und ihre neuronale Verarbeitung im Gehirn. Mit Hilfe von speziell entwickelten Computermodellen wollen sie den Herstellern von Cochlea-Implantaten helfen, die Implantate weiterzuentwickeln und derzeitige Grenzen dieser Technologie zu überwinden.
Ein funktionierendes Gehör ist die Voraussetzung, um sprechen lernen zu können. Kinder mit angeborener Taubheit erhalten deshalb so früh wie möglich ein sogenanntes Cochlea-Implantat. Das Cochleaimplantat (englisch cochlear implant, CI) ist eine Hörprothese für Gehörlose, deren Hörnerv noch funktioniert. Das CI-System besteht aus einem Mikrofon, einem digitalen Sprachprozessor, einer Sendespule mit Magnet und dem eigentlichen Implantat, das sich aus einem weiteren Magneten, einer Empfangsspule, dem Stimulator und dem Elektrodenträger mit den Stimulationselektroden zusammensetzt. Die Elektroden werden in die Cochlea (Hörschnecke) eingeführt. Die Empfangsspule wird hinter dem Ohr unter der Haut platziert. Die Sendespule des Prozessors haftet mit Hilfe der Magneten auf der Kopfhaut über der Empfangsspule des Implantats. Die Spannungsversorgung des Implantats erfolgt durch die Kopfhaut mittels elektromagnetischer Induktion. Die Signalübertragung erfolgt mit Hochfrequenzwellen. Manchmal wird nur das Elektrodenbündel als CI, die komplette Anlage als CI-System bezeichnet. Wesentlich an der Entwicklung beteiligt war der Australier Graeme Clark.
Auch Erwachsenen, die ihr Hörvermögen verloren haben, können Cochlea-Implantate das Hören wieder ermöglichen. Innerhalb der letzten Jahrzehnte haben sich diese Implantate zu den erfolgreichsten Neuroprothesen entwickelt. Sprache können die Betroffenen damit inzwischen gut verstehen. Doch die Technik stößt an ihre Grenzen, beispielsweise beim Hören von Musik oder wenn viele Menschen durcheinander sprechen. Erste Verbesserungen bringt hier die beidseitige Versorgung mit Cochlea-Implantaten. Ein weiterer Entwicklungssprung könnte erfolgen wenn es gelänge, das räumliche Hören wieder herzustellen.
„Damit die Implantate präziser arbeiten können, sind Kodierungsstrategien notwendig, die besser auf die Informationsverarbeitung der neuronalen Schaltkreise im Gehirn abgestimmt sind. Voraussetzung dafür ist, dass wir das Hörsystem besser verstehen“, erläutert Professor Werner Hemmert, Leiter des Fachgebiets Bioanaloge Informationsverarbeitung (BAI) am Zentralinstitut für Medizintechnik (IMETUM) der TU München.
Auf der Basis physiologischer Messungen an Neuronen gelang es seiner Arbeitsgruppe, die Schallkodierung im Innenohr und die neuronale Informationsverarbeitung im Hirnstamm im Computer zu modellieren. Mit diesen Modellen können sie nun die Kodierungsstrategien weiter entwickeln und in Experimenten mit Normalhörenden und Implantatträgern testen.
Quelle: TUM (Technische Universität München), Wikipedia