„Reverse Innovation“: Medizintechnik für die weite Welt

Schwellenland(fb-Dezember 2014) „Reverse Innovation“ oder „frugale Innovation“ beschreibt den Ansatz der Erfinder für Medizintechnik, Produkte simpler zu gestalten und Kosten zu senken, um medizinische Geräte für Menschen mit geringem Einkommen zugänglicher zu machen. Dieser Ansatz ist insbesondere interessant für Länder wie Indien und China, die dem Weltmarkt für Medizintechnik mehrere Milliarden potentielle Verbraucher bieten, aber nur einen Bruchteil des Einkommens ihrer westlichen Nachbarn haben.

 

Reverse Innovation beschreibt aber auch den Ansatz, Geräte für Mediziner zu erfinden, die, anders als ihre Kollegen in westlichen Krankenhäusern, keine Spitzentechnologie oder gar keine Technologie zur Verfügung haben.

Jeffrey Immelt, CEO von General Electric, hat wohl als erster den Begriff „Reverse Innovation“ gebraucht. Reverse Innovations nutzen Ausgangstechnologien, die in der Regel nach wie vor in der 1. Welt entwickelt werden, um sie in Schwellenländern passgenau zu implementieren. Entsprechend hat sich General Electric als Ausgangspunkt für das eigene Innovationshandeln (Medizintechnik, Motoren, Windkraft etc.) nicht die Highend-Bedürfnisse der westlichen Mittelschichten genommen, sondern die basalen Bedürfnisse der Menschen in den unterentwickelten Schwellenländern.

Die Firma Medtronic arbeitet zur Zeit an einem Mini-Herzschrittmacher, der wohl in Kürze die Marktreife erhalten soll. Stephen Oesterle, Vice President für Medizin und Technologie bei Medtronic, hatte den Mini-Herzschrittmacher auf der TEDMED Konferenz 2010 angekündigt. „Er ist so groß wie eine Antibiotikum-Kapsel, seine Batterie hat eine Lebensdauer von sieben Jahren, er ist telemetriefähig, er verfügt über einen Datenspeicher, er kann abgefragt und umprogrammiert werden“, erklärte er.

Da keine Operation notwendig ist und keine Elektroden verwendet werden, ist das Risiko für die Patienten, die einen Mini-Herzschrittmacher implantiert bekommen, deutlich geringer. Aber wirklich revolutionär ist, dass man nicht auf das Know-how eines Chirurgen angewiesen ist, um den Herzschrittmacher einzusetzen. Damit können auch in den sogenannten „Drittländern“ Patienten in schwer zugänglichen Gebieten medizinisch versorgt werden, ohne dass spezialisierte Chirurgen eine OP durchführen müssten. Zudem sind die Kosten um ein Vielfaches geringer wie bisher.

Es bleibt die Hoffnung, dass sich viele global agierende Medizintechnik-Unternehmen mit Entwicklungsprogrammen am Reverse Innovation Prozess beteiligen, um Medizintechnik für Drittländer bezahlbar zu machen.

Quelle Text: Medtroniceureka Plattform, Wirtschaftswoche Green Plattform

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