Bayerischer Tag der Telemedizin: Grenzen überwinden

(Juli 2018) Bereits zum sechsten Mal tagte der Bayerische Tag der Telemedizin (BTT) – in diesem Jahr unter dem Motto „Grenzen überwinden durch Telemedizin“. Rund 700 Teilnehmer kamen in München zusammen, um die aktuelle Gesetzgebung sowie News und Trends in der Gesundheitsversorgung zu diskutieren.

Die Schirmherrin des Kongresses, die Bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml, betonte in ihrer Videobotschaft: „Lassen Sie uns gemeinsam die Chance nutzen, mit Hilfe der Telemedizin Grenzen zu überwinden – nicht nur regional, sondern auch sektoral.“ Darüber diskutierten Vertreter der Gesundheitsministerien mehrerer Bundesländer, die zudem die jüngsten telemedizinischen Initiativen und Best Practices ihrer Länder vorstellten. So wünschte Uta Vetter vom Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales und Austausch, die Telemedizin zwischen den Bundesländern voranzubringen. Das Rad müsse nicht immer neu erfunden werden, gute Projekte solle man einfach übernehmen.

Grenzen überschreiten

Einen grenzüberschreitenden Austausch zeigte auch die Podiumsdiskussion mit eHealth-Experten aus Armenien, Bulgarien, Polen und Russland. Alexander Emakov, Vorkonsul der russischen Föderation am Generalkonsulat München, erklärte: „Russland bietet ein großes Potenzial für Telemedizin – nach dort gültigen gesetzlichen Vorgaben. Bisher haben 15 Prozent des Volkes Zugang dazu.“ Auch Bulgarien forscht an diversen telemedizinischen Lösungen, beispielsweise über den Einsatz der Sensorik, um Stürze zu überwachen – oder über Geräte, die die Medikamenteneinnahme unterstützen. Ferner gehören psychologische Beratung und vorgeburtliche Untersuchungen in die telemedizinische Beratung. Die Gesundheitsstrategie 2020 habe die Telemedizin als adäquates Mittel zur Verbesserung der künftigen Pflege identifiziert, so Dr. Kristomir Yordanov, Technische Universität Sofia. Prof. Dr. Georgi Chaltikyan aus Armenien, der an der Technischen Hochschule Deggendorf lehrt, fasste zusammen: „Ärzte können künftig die Telemedizin nicht mehr vermeiden, sie wird selbstverständlich und Patienten fordern diese vermehrt ein.“

Preisverleihungen

Der Bayerische Innovationspreis Gesundheitstelematik (BIG) zeigte auf, wie die Versorgung von Patienten bzw. die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen den Akteuren des Gesundheitswesens nachhaltig verbessert werden kann. Der erste Preis ging an Destiny – ein datenbankunterstütztes Therapieempfehlungssystem zur Behandlung von Patienten mit Multipler Sklerose. Den zweiten Preis erhielt die App Lola, die handelsübliche Smartphones oder Smartwatches in einen personalisierten Gesundheits- und Notfallassistenten verwandelt. Mit dem dritten Preis wurde die Softwarelösung Medikura, eine digitale Infrastruktur zur Erhöhung der Arzneimittelsicherheit, ausgezeichnet.

Ferner stellten in einem Startup Pitch junge Unternehmen der eHealth-Branche ihre Geschäftsidee einer Fachjury und dem interessiertem Fachpublikum vor. Die Präsentation von Dermascreen, die mit künstlicher Intelligenz das Screenings für Hautkrebs-Risikopatienten vereinfachen, überzeugte die Jury und verhalf dem Startup zum Pitch-Sieg.

Stimmen

Dr. Daniel Pförringer, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, fasste den Kongress zusammen: „Alle relevanten Entscheider sind vor Ort zusammengekommen, die bayerische Telemedallianz verzeichnet bis heute ein extremes Wachstum. Startups, VCs und Politik sind sich einig: Die Zeit für digitale Innovationen in der Gesundheit war nie reifer“.

In zahlreichen Foren am Vor- und Nachmittag wurde die Telemedizin in ihren verschiedenen Facetten beleuchtet. Prof. Dr. Günter Neubauer, Institut für Gesundheitsökonomie, betonte, die Telemedizin in Notfallversorgung spare 750 Millionen Euro jährlich ein, die behandelnden Ärzte seien zudem oft kompetenter – und für Patienten bedeute dies weniger Wartezeit sowie Transparenz!

Für Patienten gebe es keine Sektoren, sondern nur eine möglichst nahtlose Behandlung, unterstrich Dr. Cornelia Diwersy, von der Bayerischen Krankenhausgesellschaft e. V. die Notwendigkeit von Telemedizin in sektorenübergreifenden Versorgungsmodellen.

Kommt künftig eine Art Versorgungsplattform für elektronische Gesundheitsakten nach Vorbild des (bayrischen) Krebsregisters? Volker Lowitsch, Leiter des Geschäftsbereiches IT an der Universitätsklinik Aachen erkannte viel Bewegung im Markt – nicht nur bei den Krankenkassen. Die verschiedenen Lösungen seien gut abbildbar, in Nordrheinwestfalen gebe es beispielsweise bereits drei Lösungen für Fallakten. Er hoffte, dass alle Varianten langsam zusammenwachsen. Wenn dabei noch die Interoperabilität gelinge, so wie es auch die Medizininformatikinitiative vorschreibe, seien wir ein ganzes Stück weiter.

Fest steht, so der Tenor aus verschiedenen Foren: Eine eigene bayerische digitale Akte wird es nicht geben!

Der Geschäftsführer der bayerischen Telemedallianz, Prof. Dr. Siegfried Jedamzik, zeigte sich hocherfreut über die sechste Auflage der Veranstaltung: „Unser Motto ‚Grenzen überschreiten‘ war richtig gewählt. Wir sehen es als große Ehre an, dass so viele neue Gäste unsere Veranstaltung besuchten. Die enorme Nachfrage und Rekordbesucherzahl von rund 700 Teilnehmern unterstrich die heutige Relevanz der Telemedizin. Für März 2019 planen wir den siebten Bayerischen Telemedizintag.“

Quelle Text und Bild: Mirjam Bauer