Care 2025: Auf dem Weg zu einer besseren, digitalen Versorgung?

(Dezember 2019) Das Global Clinical + Care Coordination Forum (GCCCF) wirft einen holistischen Blick auf die notwendige Transformation der Versorgung und Pflege. Im November 2019 trafen vor diesem Hintergrund rund 125 Gesundheitsexperten aus 24 Ländern im Hamburger Hotel The Fontenay zusammen, um sich unter dem Motto „Care 2025“ über anstehende Herausforderungen und innovative Lösungsansätze auszutauschen.

Nur gemeinsam und global lassen sich künftige Herausforderungen in der Gesundheitsversorgung meistern

Zur Eröffnung des Kongresses verdeutlichte Ljubisav Matejevic, Präsident des GCCCF, der Schlüsselbegriff jeder Art von Gesundheits- und Sozialversorgung sei das Vertrauen. „Deshalb gebührt allen Mitarbeitenden in Medizin und Pflege ein besonderer Dank, denn der wichtige Faktor Mensch und die Zuwendung werden trotz aller Digitalisierung immer ihre Bedeutung beibehalten“. Aus diesem Grund bleibe die Koordination und Integration der Versorgung zwischen Pflegenden, Kliniken, der Industrie und weiteren Experten ein wichtiger Schlüsselfaktor für den Fortschritt. Dieses Ziel sei unter anderem durch Kommunikation und interdisziplinäre Foren zu erreichen.

Namhafte Referenten aus aller Welt zeigten in der norddeutschen Metropole ihre Best-Practice-Lösungen und Ideen auf. Die Grußworte von Mikhail Marin vom Konsulat der Russischen Föderation in Hamburg und Doron Abrahami von der israelischen Botschaft in Berlin verdeutlichten die Relevanz der Globalisierung. Digitale Technologien, Telemedizin und Dateninformationen sowie -auswertung seien für die Zukunft unersetzlich. Sie verbessern die Versorgung und sollten grenzüberschreitend genutzt werden.

Informationen aus dem Umfeld des BMG

Prof. Dr. Jörg Debatin, Leiter des im April 2019 gegründeten Health Innovation Hub (hih2025) des deutschen Bundesgesundheitsministeriums (BMG), fesselte mit starken Aussagen. Mit 13 Mitarbeitern in Berlin sucht der Radiologe und Vordenker die Digital-Szene nach innovativen Lösungen ab, die die Gesundheitsversorgung verbessern. Ferner dient der Hub als Anlaufstelle für Startups: in Fragen der Vernetzung, gesetzlichen Regelungen, Finanzierung und vielen mehr. Dazu bietet er den direkten Dialog in die Politik.

So sollen disruptive und sinnvolle Lösungen einfacher als bisher in die Regelversorgung überführt werden. Mit verschiedenen Formaten, Workshops und Veranstaltungen – ergänzt durch die neuen Gesetze wie beispielsweise dem „Digitale-Versorgung-Gesetz“ DVG – leistet das hih2025 Unterstützung. Die Gematik mit ihrer aufwendigen Telematikinfrastruktur stellte der Experte lächelnd als teuer, aber sicher vor … Eine besondere Herausforderung des deutschen Gesundheitssystems sei dessen Ausrichtung auf Menge anstatt auf Nutzen. Als Basis für Fortschritt würden 79 Prozent der Patienten ihre medizinischen Daten der Forschung inklusive einer kommerziellen Nutzung zur Verfügung stellen; wenn es um die Verwertung zur Forschung mit öffentlicher Zweckbestimmung gehe, stimmten sogar 97 Prozent zu, so Prof. Debatin.

Die ab dem Jahr 2021 gesetzlich vorgeschriebene elektronische Gesundheitsakte sei ein Fortschritt für alle: Ärzte, Apotheker und Patienten. Die Apotheker werden so endlich zum Teil des interdisziplinären Behandlungsteams, die Ärzte erhalten kontinuierlich strukturierte und aktuelle Daten in einer Zusammenfassung, was eine Entlastung der eigenen Dokumentation bedeuten kann – und alle Bürger, ob krank oder gesund, werden laut Prof. Debatin den Nutzen solcher Akten schnell erkennen. Dabei sollten sie jedoch die Hoheit über ihre Daten behalten. Wichtig sei es, digitale Technologien zum Nutzen aller verfügbar zu machen, ohne das Werteverständnis des Einzelnen bzw. der Gesamtheit zu opfern = das sei digitaler Humanismus. Das Arbeiten in Silos wird dabei aufgegeben, mehr Teamwork ist nötig, um eine optimale Qualität zu erreichen. Die Evolution geschieht von einer handwerklich getriebenen Medizin hin zu einer patientenzentrierten, datengetriebenen und biologisch stratifizierten, individuellen Behandlung – der „Präzisionsmedizin“.

Auch Prof. Chiche vom Krankenhaus Cochin, Université Paris Descartes in Frankreich unterstrich diese Aussagen. Von der klinischen Entscheidung bis zur prädiktiven Analytik insbesondere in der Intensivpflege sei Teamwork unerlässlich. Die Gesundheitsversorgung stehe dabei als ein menschliches Grundrecht über allem. Heute sollte man dabei neue Technologien und künstliche Intelligenz einbinden, die Mitarbeiter motivieren und sein Wissen immer wieder teilen, damit nicht einzelne Akteure nachteilige Machtpositionen erlangen.

Workshops und internationale Vorträge

Nachmittägliche Workshops boten intensive Einblicke in spannende Bereiche der Medizin. So referierten Anwender und Hersteller zur Schlaganfalldiagnostik und Früherkennung. Dabei wurde beispielweise die Apple Heart-Study mit der Redstroke-Study (Reducing Strokes in Europe) von Preventicus verglichen. Ein weiteres Thema war das Patientenfernmonitoring mit dem Einsatz globaler Technologien in einer stark fragmentierten und regulierten Gesundheitsbranche. Ferner wurde der Aufbau einen Ökosystems für die Gesundheitsversorgung mit best-of-breed-Produkten diskutiert, wobei der Fokus auf mobilen Versorgungsmanagement-Lösungen lag. Laut Dräger muss Schluss sein mit Informationssilos, die Industrie soll endlich Standards nutzen und die technische Interoperabilität voranbringen, insbesondere zwischen Medizinprodukten. Dies trage zur Sicherheit bei. Auch eine moderne IP-Telefonanlage leiste durch Digitalisierung und Lärmreduktion Unterstützung: in Kliniken, Pflegeheimen oder sonstigen Organisationen.

Stark vertreten war in diesem Jahr der Nahe Osten. Lina Shadid, CEO Beverly Hills Medical Center in Abu Dhabi, betonte analog zu Prof. Debatin, dass 80 Prozent der Gesundheitsdaten in Silos feststecken und ungenutzt bleiben. Allerdings verändern sich aktuell viele Geschäftsmodelle und wachsen zusammen. Sie freut sich über das für Deutsche wegweisende DVG mit großartigen Chancen und ist sehr gespannt, was das nächste Jahr für Ergebnisse aus dieser Richtung bringt.

Auch A. J. Nashwan vom Mebaireek General Hospital in Katar warf einen Blick aus der Pflegeperspektive auf die Gesundheitswirtschaft und Industrie 4.0. Auch wenn Robotik, Künstliche Intelligenz und die neuen Geschäftsmodelle viele Veränderungen bringen werden, betonte er ebenso den menschlichen Faktor und die persönliche Zuwendung der Betreuung, die immer wichtig bleiben.

So fasste Ljubisav Matejevic den diesjährigen Austausch zusammen: „Lassen Sie uns weiter kommunizieren und gemeinsam daran arbeiten, Veränderungen herbeizuführen. Das GCCCF ist eine perfekte Plattform, um Ideen, Technologietrends und die Weiterentwicklung bewährter Verfahren innovativ voranzutreiben. Unser globales Netzwerk wird in den nächsten Jahren hoffentlich weiterwachsen und zum Fortschritt beitragen“.

Sein besonderer Dank galt Ascom. Jeannine Pilloud ist die Geschäftsführerin dieses Unternehmens, das das Global Clinical + Care Coordination Forum initiierte. Sie beschrieb, welchen Beitrag Ascom zur Transformation der Gesundheitsversorgung leistet: Dank eines breiten Lösungsportfolios schließen Leistungserbringer Lücken bei der digitalen Information und Kommunikation und meistern so ihre zentralen Zukunftsherausforderungen – Zugang für alle sowie Versorgung von höchster Qualität und Wirtschaftlichkeit.

Quelle Bild und Text: Mirjam Bauer