Treiber für die Entwicklung auf dem Gebiet der Medizinischen Physik

(November 2022) Spitzentechnologie und Spitzenforscher – einen aktuellen Überblick über neueste Forschungsergebnisse auf dem breiten Gebiet der Medizinischen Physik, deren Auswirkungen und Anwendungen gab es auf der Gemeinschaftstagung der DGMP – Deutschen Gesellschaft für Medizinische Physik – und der DS-ISMRM (Deutschen Sektion der International Society for Magnetic Resonance in Medicine).

Vom 21. – 24. September 2022 tauschten namhafte Expertinnen und Experten in Aachen nach zwei digitalen Jahrestagungen neueste Forschungsergebnisse und Spitzentechnologien auf dem dynamisch wachsenden Gebiet der Medizinischen Physik aus. Ein überaus gelungener und erfolgreicher Kongress, so das übereinstimmende Fazit der Kongresspräsidenten der DGMP, Dr.-Ing. Uwe Heinrichs, Uniklinik RWTH Aachen und Dipl.-Phys. Eric Beckers, Gamma Knife Zentrum Krefeld, sowie des Kongresspräsidenten der DS-ISMRM, Prof. Dr.-Ing. Andreas Bitz, FH Aachen – University of Applied Sciences. Prof. Dr. Dimos Baltas, Präsident der DGMP, Universitätsklinikum Freiburg, wies die präsente Gemeinschaftstagung als Treiber für die Entwicklung auf dem Gebiet der Medizinischen Physik aus: „Wissenschaft funktioniert auch digital, das haben wir gesehen. Aber es ist das Analoge, was die Bits und Bytes zusammenhält!“

An drei spannenden Kongresstagen diskutierten Experten aus der Medizinischen Physik sowie angrenzenden Disziplinen neue technologische Trends, Entwicklungen und Visionen in Strahlentherapie, Radiologie, Audiologie und Nuklearmedizin sowie Anwendung und Fortschritt physikalischer und technischer Methoden. Tagungsschwerpunkte waren neueste Forschungsergebnisse, deren Auswirkungen und Anwendungen mit besonderem Augenmerk auf die fachliche Schnittstelle zwischen DGMP und DS-ISMRM. Die hochkarätige Gemeinschaftstagung umfasste das gesamte Spektrum der Medizinphysik von ionisierender und nichtionisierender Strahlung für Bildgebung und Therapie bis hin zu kontinuierlichen Weiterentwicklungen in Strahlenschutz und Qualitätssicherung. Es gab spannende Diskussionen auf hohem Niveau zur modernsten Technik auf Grundlage der medizinischen Physik in fortlaufenden Prozessen und Entwicklungen personalisierter Medizin, zu qualitativ hochwertigen diagnostischen Verfahren und individuell angepassten Krebstherapien.

Namhafte Wissenschaftler und Experten präsentierten auf der Jahrestagung ihre aktuellen Forschungen. Besonderes Highlight waren die Plenarvorträge am ersten Tagungstag von Prof. Dr. Florian Knoll, Erlangen, über den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Bildrekonstruktion, „Deep learning in MR image reconstruction: From first results to ongoing challenges“, und Prof. Dr. Daniela Thorwarth, Tübingen, „MR-geführte Strahlentherapie mit einem MR-Linac“. Wie Andreas Bitz betonte, waren das „hochaktuelle und im Sinne unserer gemeinsamen Tagung übergreifende Themen“.

In den wissenschaftlichen Sitzungen und Kursen ging es um wichtige Schwerpunkte der Medizinischen Physik – gut ausgebildete Medizinphysiker, qualitativ hochwertige diagnostische Verfahren als eine Voraussetzung für individualisierte Medizin sowie präzise und gleichzeitig schonende spezialisierte Therapie-Optionen. In einer wissenschaftlichen Präsentation wurde eindrucksvoll gezeigt, wie die Radiotherapie mit automatisierten digitalen Prozessen anatomische Änderungen berücksichtigt, indem die Atembewegungen synchronisiert werden oder Änderungen in der Tumorbiologie berücksichtigt werden, um die Behandlung noch schonender und effizienter durchzuführen.

Das aktuelle Thema Künstliche Intelligenz (KI) als Hilfsmittel, um mit der großen Menge an Daten umzugehen, zog sich wie ein roter Faden durch die drei Kongresstage. „Die KI hat in wichtigen Bereichen der Medizinischen Physik schon großes Potential gezeigt“, so Andreas Bitz, „zum Beispiel in der Magnetresonanz-Tomographie, um die Bildgebung schneller und robuster gegen Bildartefakte zu machen oder aber auch, um MR-Sequenzen hinsichtlich gewünschter Bildkontraste zu optimieren.“ Insbesondere die MRT Bildgebung hat in den letzten Jahren zu einem wesentlichen Punkt der Therapieplanung entwickelt, wie Eric Beckers betonte: „Das Zusammenspiel mit der MR-Bildgebung in der Therapieplanung und der MR-geführten Strahlentherapie ist entscheidend für eine schonende und präzise Behandlung.“

Ein interessantes Diskussionsthema war die neu entwickelte FLASH-Strahlentherapie. Eine vielversprechende Möglichkeit, bei der ein Tumor intensiver und kürzer bestrahlt und gesundes Gewebe geschont wird. Dies könnte Patienten viele Wochen der Behandlung ersparen. Wie Eric Beckers betonte, sei die Forschung jedoch technisch sehr aufwendig: „Bis das Ganze klinikreif ist, dauert es wohl noch ein paar Jahre.“

Weitere spannende Diskussionen gab es um den MR Linac, der Bestrahlungseinheit und Magnetresonanz-Tomographie (MRT) in einem Gerät vereint und heute schon an einzelnen Zentren zum Einsatz kommt. „Mit dem MR Linac“, so Dr. Sebastian Schmitter, Physikalisch-Technische Bundesanstalt Berlin, „können wir live den Tumor und das umgebende gesunde Gewebe während der Therapie darstellen und kontinuierlich nachverfolgen. Das eröffnet eine neue Dimension bei der Präzision der Bestrahlung.“

„Die Stärke der Medizinischen Physik und nicht zuletzt auch der Anreiz, auf diesem Gebiet zu arbeiten, begründet sich in ihrer Interdisziplinarität“, so Andreas Bitz. Von besonderem Interesse war das Zusammenspiel mit MR-Bildgebung in der Therapieplanung und MR-geführter Strahlentherapie für schonende und präzise Behandlung. Uwe Heinrichs machte am Beispiel der MRT deutlich, wie stark in der medizinischen Diagnostik und Therapie auf moderne Technik auf Grundlage der medizinischen Physik gesetzt wird. Eine hohe Magnetfeldstärke sei in der Magnetresonanz-Tomographie die Grundvoraussetzung für ein hohes Signal-Rausch-Verhältnis (SNR, signal to noise ratio) und damit auch für gute Bildqualität. Ausgehend von 0,5 Tesla vor 30 Jahren als Feldstärke gilt 3 Tesla heutzutage als Standard für Hochfeld-MRT. Prof. Baltas verwies auf derzeitig laufende große Studien zu Prostata- oder Leberkarzinomen: „Durch die MRT-Bildgebung können wir vor allem im Weichteilbereich sehr gut auflösen. All dies sind Ergebnisse unseres interdisziplinären Austauschs. Wir sind im medizinischen Umfeld die Pioniere in der Infrastruktur der Digitalisierung.“

Ein besonderer Akzent des diesjährigen Jahreskongresses lag auf der Initiative „DGMP goes green“. Mit Blick auf den Klimaschutz informierte eine dedizierte Nachhaltigkeitssitzung unter anderem über die Tätigkeiten des gleichnamigen Arbeitsausschusses und den Betrieb von Großgeräten. „Die DGMP beschäftigt sich im Rahmen einer eigenen Arbeitsgruppe ausgiebig mit dem Thema Klimaschutz und dem nötigen Bewusstsein“, betonte Eric Beckers. Beide Gesellschaften legten besonderen Wert darauf, die Tagung möglichst nachhaltig zu gestalten. „Nicht alles lässt sich in der Praxis auch so umsetzen, wie man es sich in der Theorie vorgestellt hat“, so Uwe Heinrichs. „Deswegen betrachten wir es als einen iterativen Prozess. Luft nach oben gibt es immer.“

Ein weiteres Augenmerk lag auf dem Austausch mit jungen Nachwuchsforschern. Die wissenschaftlichen Sitzungen, Postersessions und Plenarvorträge wurden vom Forum Young Investigator mit einem facettenreichen Programm begleitet. Für junge Interessierte gab es einen von Prof. Dr. rer. nat. Markus Buchgeister, Berlin, begleiteten Schüler-Schnuppertag mit einer Einführung zur Medizinischen Physik sowie einer Führung über die Industrie- und Posterausstellung.

Die vielfältigen fachlichen Diskussionen werden bei der 54. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Physik (DGMP) vom 27. – 30. September 2023 in Magdeburg fortgeführt. Weitere Informationen auf der Kongress-Homepage unter www.dgmp-kongress.de.

Quelle Text: DGMP/Conventus

Quelle Bild: Mirjam Bauer