Die MDR steht auf der politischen Agenda in Berlin und Brüssel

Gesetzbuch mit Richterhammer - Medizinrecht(Januar 2024) Der Bundesverband Medizintechnologie fordert vor dem Hintergrund eines Antrages (der Union) zur Sicherstellung der Versorgung mit Medizinprodukten und einem Forderungskatalog der EVP-Fraktion zur Änderung der EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR) eine rasche Einigung auf einen Maßnahmenkatalog, um negative Folgen für die Patient:innen-Versorgung abzuwenden und den Medizintechnik-Standort Deutschland zu stärken.

„Es ist gut, dass sich nach den Südschienen-Bundesländern nun auch der Deutsche Bundestag mit der Sicherstellung der Versorgung mit Medizinprodukten beschäftigt und die EVP-Fraktion im Europaparlament in der vergangenen Woche einen Forderungskatalog zur Weiterentwicklung der MDR vorgelegt hat“, bewertet BVMed-Geschäftsführer und Vorstandsmitglied Dr. Marc-Pierre Möll die aktuelle Entwicklung: „Die für den 18. Januar 2024 vorgesehene Bundestagsdebatte, die kurzfristig verschoben wurde, sollte schnellstmöglich nachgeholt werden.“

Hintergrund ist, dass die MDR aufgrund langwieriger und kostenintensiver Zertifizierungsprozesse dazu führt, dass immer mehr Medizinprodukte vom Markt genommen werden. Gleichzeitig wird der Innovationsstandort Deutschland empfindlich geschwächt. Der BVMed hatte im Herbst 2023 gemeinsam mit dem Verband der Diagnostika-Industrie (VDGH) eine umfangreiche Problemanalyse und detaillierte Lösungsansätze zur strukturellen Weiterentwicklung des regulatorischen Systems in einem MDR/IVDR-Whitepaper (www.bvmed.de/whitepaper) vorgelegt. Notwendig sind aus Sicht des BVMed nun vor allem folgende Schritte:

1. Eine zwischen den relevanten Ressorts wie Gesundheit, Wirtschaft und Forschung abgestimmte MedTech-Strategie, die die Situation des Medizintechnik-Standorts Deutschland im internationalen Wettbewerb analysiert, bewertet und geeignete Maßnahmen für seine Stärkung einleitet.

2. Ergänzung des derzeitigen Regulierungssystems durch Sonderregelungen analog zu anderen Rechtsbereichen für innovative Produkte, Orphan Devices (Medizinprodukte, die bei seltenen Erkrankungen zum Einsatz kommen) oder Nischenprodukte. Als Vorbild sollten beispielsweise die Verfahren des „Breakthrough Devices Program“ oder des „Humanitarian Use Device Designation Program“ der FDA/USA dienen.

3. Die Weiterentwicklung der MDR im Rahmen einer vorgezogenen Evaluation der Schwächen des Regulierungssystems auf EU-Ebene. Dazu gehören aus Sicht des BVMed etwa Maßnahmen wie

  • Abschaffung der Rezertifizierung für alle Medizinprodukte
  • Maßnahmen zur Verbesserung der Effizienz und Vorhersehbarkeit der Konformitätsbewertungsverfahren in Bezug auf Dauer und Kosten, beispielsweise durch die Abschaffung der administrativen Überregulierung bei Herstellern und Benannten Stellen.
  • Etablierung wirksamer Rechtsmittel zur Überprüfung strittiger Marktzugangsentscheidungen.
  • Zentralisierung der Verantwortung und Kompetenzen innerhalb des Regulierungssystems sowie Harmonisierung der MDR-Anwendung durch eine europaweite zentrale Regierungsstruktur und Erreichung einer Entscheidungsfähigkeit auf Systemebene.
  • Weiterer Ausbau digitaler Prozesse, um den Verwaltungsaufwand zu verringern und den weiteren Marktzugang in der EU zu gewährleisten.

Laut Dr. Möll ist die Diskussion eröffnet. Für den Standort Deutschland stehe viel auf dem Spiel, da die Medizintechnik Innovationstreiber, Jobmotor und Exportweltmeister sei – mit über 250.000 Beschäftigten und 13.000 Ausbildungsplätzen. 93 Prozent der MedTech-Unternehmen sind KMU. 67 Prozent des Umsatzes gehen in den Export: Nur mit einer besseren und international wettbewerbsfähigen MDR in Kombination mit einer innovations- und produktionsorientierten Standortpolitik kann die Versorgung mit Medizinprodukten dauerhaft sichergestellt werden.

Quelle Text: BVMed

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