ETIM und Smart-Hospital-Kongress in Essen: Big Data, KI, KRITIS, 3D

(März 2019) Das Essener Universitätsklinikum hat sich die Transformation zu einem „Smart Hospital“ auf die Fahnen geschrieben. Jährlich im Frühjahr findet dort das Symposium Emerging Technologies in Medicine (ETIM) statt, in dem nationale und internationale Sprecher neueste Entwicklungen aus Digitalisierung und spannenden Technologien in der Medizin präsentieren.

Schwerpunktthema in diesem wie im letzten Jahr ist der Einsatz von Big Data und Artificial Intelligence (AI, deutsch KI = künstliche Intelligenz) in der Medizin. Neben den zahlreichen neuen therapeutischen und diagnostischen Möglichkeiten, die sich durch das Machine Learning und verwandte Verfahren in der Medizin öffnen, stellt sich auch die Frage, wie die verwendeten Daten gesichert werden können, denn: Big Data in der Medizin sind in der Regel Big Personal Data. Der Gesetzgeber ist zwar im Umgang mit neuen Technologien nicht immer an vorderster Front der Entwicklung, hat aber zumindest erkannt, welche weitreichenden Auswirkungen in unserer IT-abhängigen Wirtschaft und Gesellschaft ein katastrophaler Ausfall der Technik in einem kritischen Bereich haben kann. Deshalb hat er die KRITIS-Verordnung zum Schutz kritischer Infrastrukturen erlassen.

Wie diese sich im Zusammenspiel mit Big Data und AI im Smart Hospital auswirkt, legte Torben Klagge (Bild), Manager Information Security Solutions bei Sopra Steria SE, in seinem Vortrag dar. Bedrohungen im Krankenhaus ließen sich übersichtshalber in vier Kategorien einteilen: Böswillige Angriffe (Malware, Ransomware etc.), menschliches Fehlverhalten (unberechtigter Zugang, Fehler von Ärzten oder Patienten), logistisches Versagen (Medizingeräte, Cloudservices, Energieversorgung und weitere) und IT-System-Versagen. Einige dieser Bedrohungen seien im Gesundheitswesen und insbesondere im Krankenhaus im Vergleich zu anderen Branchen schwerwiegender – oder wurden bisher unterschätzt. Ein Beispiel zeigt die Zugangskontrolle: In anderen Branchen seien üblicherweise nur 10 bis 20 Prozent der Räume eines Unternehmens für die Öffentlichkeit zugänglich, der Rest sei zugangskontrolliert. Im Krankenhaus sei dieses Verhältnis umgekehrt, was zu beträchtlichen Sicherheitsrisiken führe und eine besondere Herausforderung für die Sicherheitsstrategie sei.

Eine weitere Schwachstelle im Krankenhaus: Medizingeräte, die ursprünglich für den nicht vernetzten Einsatz entworfen wurden, und bei deren Entwicklung rein funktional und nicht sicherheitsorientiert gedacht wurde, werden plötzlich in IT-Netzwerke integriert. So folgen nicht nur kaum zu beherrschende unerwartete Interaktionen und neue Sicherheitslücken, sondern auch Management-Probleme: Weder IT noch Medizintechnik fühlten sich für diese neu geschaffene Technikgattung verantwortlich.

Angesichts der weitreichenden Konsequenzen für Leib und Leben von Patienten – aber auch für das wirtschaftliche Überleben von Krankenhäusern, wie beispielsweise ein im Oktober letzten Jahres verhängtes Bußgeld von 400.000 EUR für ein portugiesisches Krankenhaus aufgrund von DSGVO-Verstößen zeigt – muss die Sicherheit bei jeder Entwicklung in Richtung Smart Hospital sofort mitgedacht werden, so Klagge.

Mut zu neuen Formaten

Mutiger sollte die deutsche Krankenhauslandschaft dagegen an anderer Stelle werden, stellte Martin Herzmann von der Materialise GmbH in seinem Vortrag zu 3D-Druck im Krankenhaus fest. Radiologie sowie Orthopädie und andere operative Disziplinen seien immer noch fest in einer 2D-Denkweise verhaftet, was Diagnose wie auch Therapieplanung betreffe. Die regulatorischen Hürden zum Inhouse-3D-Druck seien dabei weniger hoch als gedacht – es fehle vielmehr an Ärzten und anderen Mitarbeitern, die sich verantwortlich für die Einführung neuer Technologien fühlten. Ziel müsse schließlich die Einrichtung einer Abteilung für Biomedical Engineering sein, die 3D-Druck und andere Technologien abteilungsübergreifend betreuen könne.

Der zweitägige Kongress mit vielen spannenden Vorträgen, insbesondere aus dem Bereich der Radiologie, zeigte, wie diese Disziplin sich durch die KI künftig weiter stark verändern wird. Am Abend des ersten Tages fand in Kooperation mit xpomet eine Party statt, denn Medizin kann und soll auch Spaß machen! In diesem Sinne betonte Prof. Jochen Werner, medizinische Direktor des Universitätsklinikums Essen: „Tradierte Strukturen werden aufgebrochen, das Kongresswesen verändert sich – mit neuen Ideen und einer Offenheit im Denken“. Die Uniklinik ist übrigens Partner der xpomet Medicinale, die im Oktober in Berlin stattfindet: den Termin 11. bis 13. Oktober sollte man sich vormerken!

Quelle Text: Christina Czeschik, www.serapion.de

Quelle Bild: Mirjam Bauer