Frauengesundheit in jedem Alter: Raus aus der Scham – rein ins Leben

(Mai 2017) Beckenbodensenkungen bei Frauen entstehen häufig – jede zweite Mutter ist davon im Laufe ihres Lebens betroffen. Hierbei handelt es sich um ein Tabuthema. Symptome wie Inkontinenz bei Belastung, wiederholten Harndrang oder ständige Schmerzen nehmen viele Ältere als typische Beschwerden hin. Jüngere Betroffene hingegen fragen eher nach den Ursachen. Eine Langzeitstudie beweist, wie moderne Netzimplantation sowohl die medizinische Situation als auch die Lebensqualität vieler Frauen mit Senkungen im Genitalbereich verbessert.

Beckenbodensenkungen (Descendus genitalis) entstehen durch Bindegewebsschwäche, verursacht beispielsweise durch Geburten, genetische Veranlagung oder den jahrelangen Druck der Organe im Bauchraum. Ferner erhöhen Übergewicht, schwere körperliche Arbeit, chronische Verstopfung oder Rauchen das Risiko. Häufige Krankheitsbilder sind Senkungen oder Vorfälle der Blase, des Mastdarms, der Scheide und der Gebärmutter, mit unterschiedlich ausgeprägten Symptomen.

Präventives Beckenbodenmuskeltraining, die Vermeidung unnötiger Belastungen, Östrogengaben sowie sinnvolle Hebe- und Tragetechniken senken das Risiko, können eine Senkung aber nicht verhindern. Wenn konservative Therapien und der Abbau von Risikofaktoren nicht helfen, ist eine Operation sinnvoll. Dabei nutzt man Eigengewebe für die Stabilisierung der Organe oder setzt Kunststoffnetze ein. Letztere bieten bestmögliche Stabilität und schützen vor Rezidiven.

Langzeitstudie nach Einsatz von Netzimplantaten

Zum neunten Deutschen Urogynäkologie-Kongress in Stuttgart stellte Dr. Christian Fünfgeld, Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe Tettnang GmbH, die Ergebnisse einer Langzeitstudie nach Zystozelenkorrektur (Blasensenkung) vor. Der Einsatz alloplastischer Netze – verwendet wurden in neun deutschen Kliniken titanisierte Implantate von pfm medical – zeichnet sich durch eine hohe anatomische Stabilität mit geringer Rezividrate, einer niedrigen Komplikationsrate und vor allem einer signifikanten Erhöhung der Lebensqualität aus. Die Patientinnen fühlen sich nach dem Eingriff und der „Einwachsphase“ allgemein gesünder, sie beklagen weniger soziale und körperliche Einschränkungen, sogar die Partnerschaft und die Sexualität verbessern sich.

Das Netz Tiloop Total 6 zeichnet sich durch die hydrophile, titanisierte Oberfläche aus, die ein geringes Entzündungsrisiko und kaum Narbenbildung bewirkt. Das Titanoxid erleichtert die Einsprossung der Fibroblasten. Über sechs Fixierungspunkte (sakrospinale Ligamente) wird das Netz an den Bändern des Beckenbodens befestigt und liegt locker spannungsfrei im Bauchraum. So bietet es Flexibilität und langanhaltende Stabilität zugleich.

Wichtig sei die Behandlung in zertifizierten Zentren, erklärt Studienleiter Dr. Fünfgeld. Hundert dieser urogynäkologischen Zentren gibt es in Deutschland; sie beteiligen sich freiwillig u. a. an einem Implantatregister für mehr Qualität. Operationen an waagrecht gelagerten Patientinnen sowie Spinal- statt Vollnarkosen verhindern bei dem kurzen minimalinvasiven Eingriff Komplikationen, die aufgrund von Multimorbidität in der Geriatrie sonst häufig auftreten. Ferner habe die Studie aufgezeigt, dass die Entfernung der Gebärmutter nicht so sinnvoll ist, wie früher gedacht, weil sich die hintere Scheidenwand dadurch häufiger senkt.

Tina Cadenbach-Blome, Oberärztin aus Hamburg und Leiterin der dortigen Beckenbodensprechstunde, bestätigt: Die Operation mit Netzen ist für ältere Patientinnen das Mittel der Wahl. Leider kommen manche erst zehn Jahre nach den ersten Beschwerden, einerseits aus Scham, anderseits aus Angst vor schlimmeren Diagnosen: „Bei leichten Senkungen können wir mit konservativer Therapie Erfolge verzeichnen, doch in schweren Fällen ist die Operation mit Netzeinsatz das Mittel der Wahl. Nach dem Einwachsen des Materials sind viele Damen wieder lebensfroh und aktiv: Sie wandern, radeln und spielen mit ihren Enkelkindern, was vorher nicht möglich war. Ich freue mich sehr, dazu beitragen zu können“.

Quelle Text und Foto: Mirjam Bauer

Quelle Abbildung Lebensqualität: pfm medical