Gesund aufwachsen: Ruhrgebietskongress zur Kinder- und Jugendgesundheit

IMG_7144HKraft(Februar 2017) Der dritte Kongress zur Kinder- und Jugendgesundheit brachte unter dem Motto „Gesund aufwachsen im Revier“ rund 240 Akteure aus Gesundheitsversorgung, Bildungswesen, Jugendhilfe und Wohlfahrt zusammen. Sie widmeten sich der Frage, wie Versorgung und soziale Teilhabe für Kinder und Jugendliche einander ergänzen können, damit kein Kind zurück bleibt. Auch die Auswirkungen der Flüchtlingssituation spielen künftig eine wichtige Rolle.

Frau Dr. Sabine Schipper, Geschäftsführerin der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft NRW e. V. und Vorstand des MedEcon Ruhr moderierte die spannende, hochkarätig besetzte Veranstaltung im Tagungs-Stadthotel Franz. Oberbürgermeister Thomas Kufen zeigte sich begeistert über den Kongressort: Das Hotel mit angeschlossenem Veranstaltungszentrum wurde im Jahr 2010 vom Franz Sales Haus eröffnet. Es bietet Menschen mit Unterstützungsbedarf berufliche Hilfestellung und beschäftigt zu 50 Prozent Schwerbehinderte. So unterscheidet es sich von anderen Hotels durch die Herzlichkeit und Natürlichkeit des Personals – wie auch Kufen bestärkte, denn „Menschen mit Behinderung seien noch freundlicher als andere Menschen“.
Der Vorstand des MedEcon Ruhr stellte seine vielfältigen Aktivitäten – Prävention, soziale Teilhabe, Flüchtlings- und Chronikerversorgung, Unterstützung der Nationalen Kohorte – vor. Durch Einbeziehung der Politik sollen handelnde Akteuren mehr Gesicht in der Öffentlichkeit erhalten. Die NaKo sei zwar eine Studie ohne Kinder, doch künftig werden auch Schwangere in die Befragungen eingebunden.

Ministerpräsidentin Hannelore Kraft erklärte, im Ruhrgebiet habe das Thema Gesundheit traditionell eine zentrale Bedeutung. Belastungen durch Kohle oder Staub, die Beschäftigung im Bergbau oder in Fabrikanlagen zogen viele Erkrankungen nach sich. So war das Bergmannsheil das erste Unfallkrankenhaus Deutschlands. Doch heute, nach gelungenem struktureller Wandel, herrschten beste Bedingungen mit wenig Luftbelastung – durch zum großen Teil in Nordrheinwestfalen entwickelte Filteranlagen. Die Ministerpräsidentin will „Strukturen verändern statt Musiktempel bauen“, Erkrankungen vorbeugen und „kein Kind zurücklassen“. Sie will die Zusammenarbeit zwischen Ärzten, Psychologen und Sozialarbeitern stärken, um Gewalt gegen Kinder zu erkennen und zu verhindern. Heute sei das Ruhrgebiet eine Vorbildregion für gesundes Aufwachsen in Ballungsgebieten.

Prof. Dr. Michael Paulussen, Direktor der Vestischen Kinder und Jugendklinik Datteln, stellte fest, das Krankheitsspektrum der Flüchtlingskinder sei ähnlich wie das der Deutschen. Bei den Zugewanderten wurden allerdings kaum Vorsorgeuntersuchungen durchgeführt, ferner seien psychische Beratung sowie soziale und sprachliche Hilfe nötig, da sich häufiger Posttraumata entwickelten. Anders als hierzulande spiele der soziokultureller Hintergrund eine tragende Rolle. Auch Dolmetschen sei eine wichtige Aufgabe, oft sind nur Erklärungen angebracht, warum man beispielsweise mit ansteckenden Krankheiten nicht in öffentliche Einrichtungen gehen oder Besuche empfangen darf. Sprache und Kommunikation sind Leitthemen in der Flüchtlingsversorgung. Wir müssen viel mehr integrieren und eine Stimmung des Gegeneinanders verhindern – und eine offene Gesellschaft mit Leitkultur voranbringen, so der Ärztliche Direktor.

Die Dortmunder Stadträtin Birgit Zörner, Dezernentin für Arbeit, Gesundheit und Soziales sowie Sport und Freizeit legte dar, warum sich Dortmund gegen die Finanzierung der Gesundheitskarte durch die Stadt entschieden habe. In einer 16 seitigen Schrift wurden Chancen und Risiken sorgfältig abgewogen, doch unter anderem aus finanziellen Aspekten sie ein landeseinheitliches Modell die einzig sinnvolle Lösung.

Fachforen zur Seelischen Gesundheit, Chronischen Erkrankungen und Gesundheitszentren rundeten die Veranstaltung ab. Die Verantwortlichen waren sehr zufrieden mit dem steigenden Zuspruch und den hochkarätigen Teilnehmern, so Programmmanagerin Berit Becker. Das Zusammenwirken von Unternehmen, Einrichtungen und Berufsgruppen aus den unterschiedlichen Sektoren des Themenfelds Gesundheit bleibt zentrale Aufgabe des MedEcon Ruhr. Auch als Partner von Sozialwesen und Sozialwirtschaft will das Netzwerk über die Stadt- und Kreisgrenzen hinaus bedeutsam bleiben.

Quelle Text und Foto: Mirjam Bauer