Gesundheitskongress des Westens: System am Limit?

(September 2021) Der Gesundheitskongress des Westens ist ein führender Kongress für Gesundheitspolitik und Gesundheitswirtschaft im Westen Deutschlands. Die 15. Auflage der jährlichen Veranstaltung fand Anfang September in Köln in hybrider Form statt. Unter dem Motto „System am Limit – Wie sieht der Weg in die Zukunft aus“ ging es um die Konsequenzen aus der Pandemie und Gestaltungswege für die künftige Entwicklung des Gesundheitswesens.

Sowohl der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann als auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn betonten die Stärken und die Leistungs-fähigkeit des deutschen Gesundheitssystems. „Viele sind sicherlich an ihre Grenzen gegangen. Doch bei allen Härten und Belastungen hat unser Gesundheitssystem gezeigt, was es kann“, sagte Spahn. „Es ist leistungsstark, robust und resilient.“
Ähnlich sah es Laumann: „Wenn bei einer Pandemie dieses Ausmaßes ein Gesundheitssystem nicht an seine Grenzen kommt, dann wäre etwas falsch.“ Seiner Ansicht nach ist das bevölkerungsreichste Bundesland bislang gut durch die Pandemie gekommen. Man sei jederzeit in der Lage gewesen, Patienten intensivmedizinisch zu behandeln, wenn auch nicht immer wohnortnah. „Wir waren oft nah dran am Limit und ich habe manche schlaflose Nacht gehabt. Aber die Systeme haben standgehalten“, sagte Laumann.

Exklusivinterview mit Jens Spahn

Dass eine bedarfsgerechte Krankenhausstruktur in Deutschland bislang fehlt, betonte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. In seinem Exklusivinterview mit dem neuen Kongresspräsidenten Prof. Karl Max Einhäupl machte er deutlich, dass er nicht an ein schnelles Ende der DRG zur Finanzierung der Krankenhäuser glaubt. Auf die Einwände der DRG-Kritiker, die gerne als Beispiel die Feuerwehr nennen, bei der Vorhaltekosten unabhängig von den erbrachten Leistungen finanziert werden, entgegnete Spahn: „Ich habe noch nie zwei Feuerwehrwachen nebeneinander gesehen.“ Vielmehr sei dort klar geregelt, wer in welchem Fall was macht. „Das haben wir in der Krankenhauslandschaft nicht.“ Nach Überzeugung Spahns muss geklärt sein, wer welche Leistung erbringt „Ich möchte in diesem Land nicht mehr sehen, dass ein Krankenhaus zehn Prostata-Operationen im Jahr macht“, machte der Minister deutlich. „Das ist Patientengefährdung.“ Daneben unterstrich Spahn die fortschreitende Digitalisierung, die er mit vielen Gesetzen unterstützt habe. Die sichere Auswertung der vielfältigen Daten aus der Gesundheitsbranche sei ein weiteres wichtiges Ziel, denn viele Bürger sind bereit für Spenden, nur müsse man mehr damit machen. Das neu errichtete Covid-Forschungzentrum der WHO in Berlin trage unter anderem dazu bei. Die Digitalisierung werde ihre positive Wirkung erst noch entfalten, sagte der Bundesgesundheitsminister. Als Beispiel nannte er die elektronische Patientenakte. In zwölf oder 24 Monaten werde sie schon nicht mehr wegzudenken sein. „In den 20er Jahren wird sie die Behandlung sehr verändern, wie es sich manche jetzt nicht vorstellen können oder auch nicht mögen“, so Spahn.

Der G-BA-Vorsitzende Prof. Josef Hecken glaubt nicht an eine vom G-BA gesteuerte Krankenhausplanung. Dazu sei eine Änderung des Grundgesetzes nötig. „Das werden die Bundesländer nicht mitmachen. Klappe zu, Affe tot“, sagte er in seinem Vortrag zur künftigen Rolle des G-BA. Jedoch könnte er sich vorstellen, dass der G-BA in Zukunft strukturelle Vorgaben macht und die Bundesländer auf der Basis dieser Kriterien entscheiden, wo sie welche Leistungsmengen allokieren.
Wenn man eine Grundversorgung in der Fläche haben und elektive komplexe Leistungen an Zentren bündeln will, müssten allerdings alternative Finanzierungsinstrumente entwickelt werden. Nur so könnten kleine Standorte am Leben blieben und müssten nicht mit elektiven Leistungen in die Menge gehen. Derzeit, so Hecken, kommt es zur einer „kalten Strukturbereinigung“, wobei Häuser zumachen müssten, die man dringend bräuchte. „Das kann nicht das Modell der Zukunft sein“, sagte er.

Die Kongressleiterin und Geschäftsführerin von WISO S. E. Consulting GmbH Claudia Küng zeigte sich zufrieden mit dem Verlauf der hybrid durchgeführten Veranstaltung. „Die Teilnehmer und Referenten gehen inzwischen völlig souverän mit dem hybriden Format um“, lautet ihr Fazit. Es habe außergewöhnlich viele neue Impulse gegeben „Die Coronazeit wurde intensiv genutzt, um ganz neue Lösungsmöglichkeiten für das Gesundheitswesen zu erarbeiten“, führt Küng aus. Jedes persönliche Gespräch sei außerdem so wertvoll wie nie zuvor gewesen.
Der nächste Gesundheitskongress des Westens findet am 30. und 31. März 2022 statt.

Quelle Text: Wiso, Mirjam Bauer

Quelle Bild: Mirjam Bauer