Herausforderung Dosismanagement: herstellerübergreifende Dokumentation wird erforderlich

(Juni 2017) Die EURATOM-Richtlinie 2013/59 zum Strahlenschutz wird nationales Recht. Um die strengen Vorgaben einzuhalten, müssen Leistungserbringer Daten aus den eingesetzten Modalitäten bündeln, analysieren, vorhalten und kommunizieren. Diese Herausforderung der übergreifenden Dokumentation lässt sich mit proprietären Systemen nicht meistern, erklärt Andreas Gillessen von Guerbet. Auf dem Röntgenkongress beschrieb der Vertriebsleiter die Softwarelösung, mit der der Kontrastmittelanbieter Radiologien beim Dosismanagement unterstützt.

mt: Wie ändern sich die Vorgaben für die radiologischen Abteilungen im Hinblick auf Dosismanagement und Dosisreporting?

Andreas Gillessen: Die Novelle des deutschen Strahlenschutzgesetzes 18/11241 vor dem Hintergrund der EURATOM-Richtlinie ist im Parlament auf Befürwortung gestoßen und soll bis zum Ende der Legislaturperiode beschlossen werden. Es sieht vor, dass Leistungserbringer die Strahlenapplikation bei Patienten über einen Verlaufszeitraum von zehn Jahren festzustellen und zu archivieren haben. Dazu sind ggf. mehrere Untersuchungen zusammenzufassen. Die Daten müssen jederzeit nachvollziehbar und abrufbar sein. Die Kontrollbehörden – in der Regel Regierungspräsidien und Kassenärztliche Vereinigungen – sind verpflichtet, diese Informationen abzufragen und Kontrollen durchzuführen. Jede Praxis und jedes Krankenhaus ist verpflichtet, diese Werte zu erfassen und auf Anfrage vorzulegen. Ziele sind Sicherheit und Reduktion der Strahlenexposition für Patienten.

mt: Wie geschieht bislang die Erfassung?

Gillessen: Bisher werden die entsprechenden Dosiswerte nur für jede einzelne Untersuchung sowie für jedes Gerät erfasst und dokumentiert. Diese Ergebnisse werden nicht in Patientenakten hinterlegt, nicht über Modalitäten und Leistungserbringer gebündelt und sind daher in der Gesamtheit schwer nachzuvollziehen.

mt: Es fehlen also Transparenz und Zuordnungsmöglichkeit? Diese bringen ja einen enormen Aufwand mit sich …

Gillessen: Genau. Für die neuen Anforderungen müsste man auf Basis bestehender IT-Systeme mehr oder weniger händisch alle Untersuchungen zusammentragen, um festzustellen, welche Ergebnisse pro Patient, pro Gerät und pro Mitarbeiter angelegt wurden. Nur so wird ein Risiko- und Qualitätsmanagement möglich, das Gesamtmengen und mögliche Ursachen für Überschreitungen einbezieht.

mt: Wie soll Ihre neue Softwarelösung diese Herausforderung lösen?

Gillessen: Die Hauptaufgabe des Systems ist es, dass jeder Mitarbeiter mit einem Zusatztool auf einfache Weise schon bei der Untersuchung in Echtzeit einsehen kann, wie viel Strahlung der Patient bereits ausgesetzt war. So kann der Mitarbeiter direkt eingreifen und die Dosiseinstellung oder Protokolle anpassen, um eine eventuell notwendige Dosisreduktion zu ermöglichen.
Ferner macht die Lösung Auswertungen für die unterschiedlichen Abfragen durch die Kontrolleinrichtungen möglich. Sie bietet standardisierte Reports und Einzelabfragen – so anwenderfreundlich, dass jeder Mitarbeiter, von der Anmeldung über das medizinische Personal vor Ort, den Radiologen und den
Strahlenschutzbeauftragten, die Daten ablesen und bearbeiten kann. Dies gilt auch für den Medizinphysiker, der neuerdings auch zur Verfügung stehen soll. – Im Einzelfall lassen sich diese Werte für anstehende Untersuchungen sogar verbessern.

mt: Zu den Kernaufgaben eines solchen Systems gehört die Einbindung möglichst aller eingesetzten Geräte. Wo stehen Sie bei der Integration aller Modalitäten?

Gillessen: Bisher haben wir alle Geräte, die wir im Markt identifizierten, integriert. Die Protokolle sind standardisiert, in der Regel handelt es sich um DICOM-Schnittstellen. Es gibt aber auch HL7- und verschiedene andere Protokolle, die wir anlegen, erfassen und zusammenführen. Die zentralisierte Lösung läuft auf einem Server der radiologischen Praxis oder des Krankenhauses. Dies hat den Vorteil, dass es keine Datenübertragung an Dritte gibt, die Datenhoheit bleibt bei der Organisation. Alle vorhandenen Geräte werden zusammengeführt, damit Gesamt-Auswertungen möglich sind, auch wenn Patienten mehrere Untersuchungen an verschiedenen Geräten erhalten haben.

mt: Welche Referenzen hat ihre Lösung?

Gillessen: Unsere bestehenden Kunden sind 36 Leistungserbringer in Frankreich – von kleinen Bildgebungszentren bis zu großen Krankenhäusern und sogar Maximalversorgern, die das gesamte Spektrum an Untersuchungen abdecken und eine Vielzahl an Geräten sowie einen großen Mitarbeiterpool aufweisen.
Mit diesen Referenzhäusern wurde die Verwendbarkeit des Systems DoseCare in den letzten vier Jahren erprobt und umgesetzt.

mt: Wie sieht Ihr Angebot hierzulande aus?

Gillessen: Im März dieses Jahres sind wir damit gestartet, dieses Angebot vorzustellen. Es gab einen hohen Zuspruch, mit inzwischen ersten Teststellungen. Da das Gesetz aber noch nicht umgesetzt ist, warten die Häuser derzeit noch ab. Wir bieten allen Radiologen in Deutschland dieses System an und empfehlen eine möglichst frühzeitige Auseinandersetzung mit diesem Thema um genug Zeit für eine ausgewogene Wahl des Systems zu haben.

Quelle Text und Bild: Mirjam Bauer und Michael Reiter