In zehn Jahren keine Papierrechnungen mehr in Krankenhäusern?

(September 2018) Deutschland steht vor einer Revolution bei der Buchhaltung. Das E-Rechnungsgesetz soll den Empfang und die Verarbeitung elektronischer Rechnungen in naher Zukunft als Pflicht im öffentlichen Sektor etablieren. Die Bedeutung für das Gesundheitswesen erklärt Rechtsanwalt Stefan Engel-Flechsig im Interview.

Das E-Rechnungsgesetz soll den Empfang und die Verarbeitung elektronischer Rechnungen in naher Zukunft als Pflicht im öffentlichen Sektor etablieren. Was bedeutet das konkret für das Gesundheitswesen?

Die Umsetzung des E-Rechnungsgesetzes bedeutet letztendlich eine Standardisierung und Vereinfachung der Rechnungsprozesse. Zunächst ist es auch eine große Herausforderung, da die Prozesse sehr komplex sind – es lohnt sich aber.

Mir fallen da spontan zwei bis drei Universitätskliniken ein, die sich bereits intensiv mit dem Thema befasst haben – gerade weil ihre Prozesse so komplex sind und sie eine Vielzahl von Lieferanten, Rechnungsformaten, eigene interne Rechnungsprozesse und Rechnungseingangsstellen haben. Dabei fehlen oft einheitliche Strukturen und Daten: Auch wenn Lieferanten Rechnungen in Form von PDF-Dateien und damit elektronisch einreichen, sind diese nicht einheitlich. Sie müssen also trotzdem manuell in das Abrechnungssystem der jeweiligen Klinik eingetragen werden.

Daher ist es durchaus sinnvoll mit der Umsetzung des E-Rechnungsgesetzes, die Prozesse zu vereinheitlichen. Das heißt, es gibt einen zentralen Rechnungseingang und alle Rechnungen laufen über eine definierte Ein- und Ausgangsstelle. Dabei werden strukturierte Rechnungen eingeführt und alle Dokumente von einer zentralen Einheit überprüft, nicht wie bislang in einzelnen Abteilungen geprüft und dann weitergereicht.

Diese Aufgabe zu bewältigen – also die Vereinheitlichung dieses komplexen Systems – ist eine große Herausforderung für die Unikliniken gewesen. Vermutlich ist es aber genau dieser Weg, der bis heute noch viele Kliniken abschreckt.

Auch wenn zeitnah keine Pflicht für den Healthcare-Bereich besteht, warum sollte der Gesundheitssektor dennoch E-Invoicing als Standard integrieren?

Es besteht bisher keine Pflicht, dennoch sollten sich Akteure im Gesundheitswesen dringend mit der Umstellung befassen. Denn es steckt ein enormes Einsparpotenzial dahinter. Wie groß dieses ist, lässt sich in anderen öffentlichen Bereichen, zum Beispiel in den Städten und Universitätskliniken feststellen, die bereits auf elektronische Eingangsrechnung umgestellt haben. Von allen Seiten erhalte ich hier die Rückmeldung, dass dieser Weg die beste Art ist, um Kosten zu sparen und eine höhere Effizienz bei der Verwaltung und Buchhaltung im Rechnungsbereich zu erreichen.

Ein Punkt ist wichtig bei der Umstellung: Sie müssen nicht nur die Prozesse anpassen, sondern natürlich die Information an alle Lieferanten weiterreichen beziehungsweise Stammdaten zu allen Lieferanten anlegen. Dieser „Datenberg“ bedarf natürlich eines hohen Bearbeitungsaufwandes von Krankenhausseite. Es gilt, Informationen wie beispielsweise Kontodaten, Adressen und Ansprechpartner zu hinterlegen, damit die Krankenhäuser effizient arbeiten können. Das klingt gerade am Anfang nach viel Arbeit, aber langfristig gesehen zahlt sich der Aufwand aus.

Unternehmen, die bereits auf elektronische Eingangsrechnungen umgestellt haben, sprechen in ihren Erfahrungsberichten oftmals von den Bergen von Papierrechnungen, die vor der Veränderung über die Schreibtische gereicht wurden. Der Preis für die Bearbeitung einer Papier-Rechnung liegt zwischen 25 und 30 Euro, wohingegen eine elektronische Verarbeitung nur 3 bis 5 Euro kostet. Wenn man bedenkt, dass mehrere hundert bis tausend Rechnungen in großen Krankenhäusern im Monat verarbeitet werden, kann man sich die immense Ersparnis vorstellen.

Gibt es einige einfache Hinweise/Tipps, die aus Ihrer Sicht die Umstellung erleichtern können?

Ja, das sind drei ganz einfache Tipps. Der erste lautet: Nicht mehr warten! Daraus resultiert der zweite Tipp: Stellen Sie ein Team aus kompetenten Mitarbeitern der beteiligten Bereiche zusammen: Buchhaltung, Steuerverwaltung, Finanzabteilung und Rechnungsabteilung sollen gemeinsam die bisherigen Prozesse prüfen und optimieren.

Als letzten und dritten Tipp empfehle ich, die Lieferanten, also die Rechnungssteller, mit ins Boot zu holen und darüber zu informieren, welche Stammdaten und Informationen benötigt werden. Die Lieferanten sind eine wichtige Komponente, sie sind mittlerweile mehr als bereit, auf elektronische Rechnungen umzustellen.

Wenn man diese Punkte im Kopf behält, wird es eine erfolgreiche Umstellung.

Quelle Text und Bild: GHX Europe