Kein kausaler Zusammenhang zwischen Duogynon und Geburtsfehlern?

(November 2017) In Großbritannien wurde die Überprüfung der medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse über einen Zusammenhang der Einnahme des Arzneimittels Primodos sowie vergleichbaren Produkten und embryonalen Missbildungen abgeschlossen. Die Östrogen-Progesteron-Kombination wurde bis 1980 auch in Deutschland unter den Markennamen Duogynon bzw. Cumorit als hormoneller Schwangerschaftstest und zur Behandlung von Menstruationsstörungen eingesetzt.Das Expertengremium, dem Mitglieder des parlamentarischen Gesundheitsausschusses von Großbritannien angehören und das von der britischen Arzneimittelbehörde (Medicines and Healthcare Products Regulatory Agency) unterstützt wurde, veröffentlichte nun die Ergebnisse der seit Oktober 2015 laufenden Untersuchung.

Unter Berücksichtigung der methodischen Beschränkungen der damaligen Zeit habe die Bewertung der Gesamtheit der begutachteten wissenschaftlichen Daten durch die Expertengruppe keine Anhaltspunkte für einen kausalen Zusammenhang zwischen der Anwendung solcher Produkte und Geburtsfehlern sowie Fehlgeburten ergeben.

In Deutschland wurde das Arzneimittel Duogynon ab den 1950er Jahren als Dragee und als Spritze zum hormonellen Nachweis einer Schwangerschaft verwendet. Basierend auf Einzelfallberichten und Publikationen wurde in der Folge die Frage gestellt, ob seine Anwendung in der Frühschwangerschaft Fehlbildungen bei Neugeborenen hervorrufen könnte. Die Zulassungen für beide Arzneimittel (Duogynon/Cumorit) sind nach schriftlichem Verzicht bereits 1980 erloschen.

Seit 2009 hatten sich in diesem Zusammenhang Betroffene an das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gewandt. Das BfArM hatte dazu bereits in den Jahren 2010 und 2011 das Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie, Institut für klinische Pharmakologie und Toxikologie der Charité (Universitätsmedizin Berlin) mit der Untersuchung einer retrospektiven Fallserie „Angeborene Fehlbildungen nach Applikation einer Östrogen-Progesteron-Kombination (Duogynon®) – eine retrospektive Fallserie“ beauftragt. Insbesondere sollte darin, basierend auf den auszuwertenden Fallmeldungen, die Frage beantwortet werden, ob ein Zusammenhang zwischen dem Vorkommen angeborener Entwicklungsanomalien und der mütterlichen Duogynon-Exposition in der frühen Schwangerschaft plausibel erscheint. Die Analyse und deren Ergebnisse wurden im Jahr 2012 fertiggestellt und veröffentlicht. Darin kamen die Experten ebenfalls zu dem Schluss, dass ein teratogener oder embryotoxischer Effekt von Duogynon, zu welchem Zwecke auch immer angewendet, unwahrscheinlich sei.

Weitere Information

Pressemitteilung der „Commission on Human Medicines“ vom 15.11.2017

!! Noch eine weitere aktuelle Meldung:

Arzneimittelbehörden rufen europaweit zur verstärkten Meldung von Nebenwirkungen auf

Zum zweiten Mal fordern derzeit alle europäischen Arzneimittelbehörden in einer gemeinsamen Kampagne Patientinnen und Patienten dazu auf, ihnen verstärkt Verdachtsfälle von Nebenwirkungen zu melden. Der Fokus liegt dabei vor allem auf Meldungen von Nebenwirkungen, die nach der Einnahme rezeptfreier Arzneimittel aufgetreten sind. Denn auch bei diesen sogenannten OTC-Produkten können Nebenwirkungen auftreten, deren Meldung einen wichtigen Beitrag zur Arzneimittelsicherheit darstellen. OTC ist die Abkürzung des englischen Begriffs „Over The Counter“ und bedeutet wörtlich übersetzt „Über den Ladentisch“. Der Begriff bezeichnet alle nicht verschreibungspflichtigen Produkte und Arzneimittel zur Selbstbehandlung.

Pharmaunternehmen sowie Ärzte und Apotheker beziehungsweise deren Arzneimittelkommissionen sind über ihre jeweilige Berufsordnung zur Meldungen von unerwünschten Arzneimittelwirkungen, den sogenannten Nebenwirkungen, verpflichtet. Diese Meldungen sind wichtig, um Arzneimittelrisiken möglichst schnell zu identifizieren, da die Behörden dazu auf belastbare Daten und Risikosignale aus der Praxis angewiesen sind. Sie filtern aus der Fülle der berichteten Symptome diejenigen heraus, die möglicherweise ein erstes Signal für eine bisher unbekannte Nebenwirkung sind.

„Ob nach der Einnahme verschreibungspflichtiger oder rezeptfreier Arzneimittel: Es ist in beiden Fällen wichtig, dass möglichst viele Verdachtsfälle von Nebenwirkungen gemeldet werden. Das hilft den Arzneimittelbehörden, Risikosignale so früh wie möglich zu erkennen und dann bei Bedarf wirkungsvolle Maßnahmen zum Schutz der Patientinnen und Patienten zu treffen“, so Prof. Dr. Karl Broich, Präsident des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM).

Das BfArM informiert im Zusammenhang mit dieser Kampagne auch auf seinem Twitter-Kanal (https://twitter.com/bfarm_de) darüber, wie wichtig das Melden von Nebenwirkungen ist. Patientinnen und Patienten werden per Animation und über Tweets dazu aufgefordert, die Packungsbeilage zu lesen und die Anweisungen zur Dosierung und Einnahmedauer von Arzneimitteln zu beachten.

Quelle Text: BfArM

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