Land-Hackathon in der Hochschule Weiden/Oberpfalz

(Juni 2018) Ein Hackathon im ländlichen Raum unter dem Motto „Hacking Rural Health: Mitreden. Mitwirken. Mitmenschen. Macht Landluft beschwerdefrei?“ sollte adäquate Antworten auf regionale Fragestellungen finden. Zahlreiche motivierte Teilnehmer, darunter Informatiker, Mediziner, Ingenieure und Business-Experten, entwickelten spannende Vorzeigeprojekte für die Region Oberpfalz.

Der bayerische Finanzminister Albert Füracker erklärte einführend, die Veranstaltung sei ein wichtiger Teil des Instrumentariums zur Förderung ländlicher Gesundheitsversorgung. Die alten Strukturen sollen aufgebrochen und neue Lösungsansätze geschaffen werden – mit Einbindung der Bevölkerung. Das Finanzministerium engagiere sich hier gern und erwarte Impulse für die regionale Gesundheitswirtschaft. Hintergrund sei eine groß angelegte regionale Maßnahme auch im Kontext des BMBF-Projekts TRIO.

Eine Kompetenzregion Gesundheit in der Oberpfalz/Neustadt soll laut Landrat Andreas Meier entstehen. Der Hackathon helfe dabei, die Herausforderungen der Demographie zu meistern und biete Zugang zur Gesundheitsversorgung und Ideen für ein attraktives Leben zu Hause auf dem Land.

Die Präsidentin der Hochschule, Prof. Dr. Andrea Klug, zielte darauf ab, neue Gründungen vorantreiben, indem angewandte Wissenschaft und Technologietransfer kombiniert werden. Durch die Digitalisierung sollen Projekte der Gesundheitsversorgung vorangebracht werden, die zudem nachhaltigen und ethischen Betrachtungen standhalten, ergänzte Vizepräsidentin Christiane Hellbach.

Einer der wichtigsten Akteure vor Ort war Prof. Clemens Bulitta, Leiter des Instituts für Medizintechnik an der OTH Amberg-Weiden, der die Idee des Hackathons maßgeblich vorantrieb. „Die Stakeholder der Gesundheitsversorgung sind unsere zentralen Akteure. Gemeinsam mit Medizinern, Politikern, Leistungserbringern, Kostenträgern, Patientengruppen und der Industrie haben wir Projekte und Herausforderungen der Region herausgearbeitet und daraus Challenges entwickelt, die die Teilnehmer des Hackathons lösen sollten“, so der engagierte Experte. „Wir erhoffen uns von den jungen Menschen neue Ideen und Konzepte: strukturell oder technologisch, aber auch umfassende Prozessinnovationen. Der ländliche Raum ist besonders stark vom demographischen Wandel betroffen. So gibt es an der Hochschule einen Gesundheits- und Medizintechnikcampus mit dem Schwerpunkt „Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum“, der genau hier ansetzt und über Technologietransfer und Aktionen wie beispielsweise diesem Hackathon Ideen generieren soll, die konkrete Lösungsansätze für die Region schaffen.“

Im Vorfeld des Hackathons waren elf Projekte entstanden: soziale, kommunikative und gesundheitsspezifische Szenarien. Am Wochenende entstanden sechs Teams, die sieben der Projekte bearbeiteten. Dabei handelte es sich um eine intersektorale Patientenakte, eine Dokumentationssoftware für die Pflege, ein Therapiemanagement bei Hauterkrankungen, eine Unterstützung für Patienten mit psychischen Erkrankungen, ein Managementtool zur Aktivierung der Bürger sowie die Kombination aus den Challenges „Essen zu Hause und soziale Kontakte im Alter“.

Am Ende gab es viele Gewinner: Das Team „Dokumentationsaufwand in der Pflege“ entwickelte ein System mit Abrechnung, höchster Verfügbarkeit und großer Bedienerfreundlichkeit für ambulante und stationäre Pflegeeinrichtungen sowie Altenheime. Darin enthalten sind künftig auch Textmodul-Dropdowns mit Mehrsprachigkeit. Es erhielt den Preis für die beste Geschäftsidee.

Gleich zwei Preise durften die Teilnehmer der „Psychischen Gesundheit“ entgegennehmen. Ihre Lösung „Munchkin“ hilft poststationär und prätherapeutisch zur Vermeidung des Drehtüreffekts. Das cloudbasierte System analysiert Patientendaten und bietet Unterstützung über ein emotionalisierendes #Sprachinterface. Sie überzeugten das Publikum und gewannen den Innovationspreis, zudem knüpften sie direkten Kontakt zu einer psychischen Klinik in der Nähe.

Das Team „Lokale Gesundheitskompetenz“ erhielt den Preis für den größter Patientennutzen. Ihre Software Decubitool ermöglicht das Therapiemanagement bei Hauterkrankungen für alle Beteiligten an der Behandlungskette, also inklusive Patienten und Angehörigen. Ferner bietet es Wissensvermittlung über direkte Kooperation mit DocMedicus.

Die Challenge „Wie aktiviere ich den Bürger?“ entwickelte eine App „Kumm ´zam!“ (für alle Nicht- Bayern: „Kommt zusammen!“) mit Terminkalender. Darüber melden sich Bürger zu kostenlosen und/oder bezahlten Aktivitäten im sozialen und sportlichen Bereich direkt in der Nachbarschaft an. Jeder Beteiligte kann kostenlose Termine anbieten, bei Aktivitäten mitmachen oder sich informieren.

Das Team „Intersektorale Patientenakte“ möchte eine cloudbasierte Akte schaffen, in die Leistungserbringer Daten einspeisen und darauf zugreifen. Eine einmalige Registrierung vereinfacht die Zugriffe auf verschiedenste Systeme. Die Datensouveränität bleibt beim Patienten, die Kostenträger sollen finanzieren.

„An Guatn“ (Guten Appetit) bietet gesundes Essen für zuhause und soziale Kontakte: Ein speziell entwickeltes Aufwärmgerät mit Dampfgarer und integriertem Scanner ermöglicht die einfache und schmackhafte Aufbereitung fertig portionierter Speisen. Diese werden in Essensclubs für Ältere ausgeteilt (=soziales Event) oder können auch geliefert werden: künftig auch für weitere Zielgruppen wie Büropersonal, Behinderte etc.

Zum feierlichen Abschluss des dreitägigen Events kamen am Sonntagnachmittag wiederum zahlreiche Stakeholder aus der Region. Weidens Bürgermeister Kurt Seggewiß freute sich über das Engagement der Hacker: „Wenn junge Leute hier zusammenkommen, denken, denken, denken – und dann noch Spaß dabei haben, kann das nur in guten Ergebnisse resultieren.“

Der Hackathon hat bewiesen, dass die Vernetzung funktioniert, weitere der elf Challenges werden in Zukunft bearbeitet und hoffentlich gelöst werden, frei nach den Worten von Clemens Bulitta: „Wir wollen die Gesundheitsversorgung als Chance für soziales, geistiges und körperliches Wohlbefinden begreifen!“

Quelle Text und Bild: Mirjam Bauer