Medica: Rückblick auf Messe und Kongress 2022

(Dezember 2022) Als einen großen Erfolg werteten die Messe Düsseldorf und zahlreiche Aussteller die diesjährige Medica mit ausgebuchten Hallen und Besuchern aus aller Welt. Vom 14. bis 17. November 2022 kamen mehr als 81.000 Teilnehmende aus den verschiedenen Bereichen der Gesundheitswirtschaft zur Medica und Compamed.

Mehr als 5.000 Beteiligte aus 70 Nationen boten eine Vielfalt an Neuheiten für eine moderne ambulante und klinische Versorgung – inklusive aller Komponenten, Produkte und Verfahren von Entwicklung und Fertigung.

Auch der 45. Deutsche Krankenhaustag vermeldete gute Besucherzahlen. In den Krankenhäusern herrscht jedoch eine multiple Krisenlage und eine Zeit größter Herausforderungen, so beschrieben es unter anderem Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), und Dr. Josef Düllings, Präsident des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands (VKD). Unter dem Slogan Alarmstufe Rot hatten Kliniken und Verbände schon im Vorfeld auf die wirtschaftliche Situation hingewiesen. So wurden zahlreiche Fragen erörtert, die sich alle um ein Thema drehten: Wie kann die Zukunft unserer Gesundheitsversorgung im Land langfristig gesichert werden? Trotz Energiekrise, Teuerung und Personalknappheit muss die Versorgungssicherheit möglichst flächendeckend gewährleistet werden.

Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach kam persönlich nach Düsseldorf und kündigte eine große Krankenhausreform an: Die DRGs hätten zu Hamsterrad-ähnlichen Effekten geführt. Ein wichtiges Ziel der Reform sei es, die Kliniken aus diesem Rad zu befreien und der Medizin gegenüber der Ökonomie wieder einen höheren Stellenwert zu geben.  Ziele der Reform seien außerdem eine stärkere Zentralisierung der Versorgung, höhere Qualität, eine Stärkung der Ambulantisierung sowie Entbürokratisierung. Allerdings wurde der Minister wenig konkret, was die Umsetzung betraf. Lediglich finanziell wurden Zahlen genannt.

„Dass die Politik – wenn auch sehr spät – entschieden hat, die Krankenhäuser mit einem acht Milliarden Euro-Hilfspaket zu unterstützen, gibt uns endlich Planungssicherheit bis ins Jahr 2024“, fasste der VKD-Präsident zusammen: „Wir bauen darauf, dass Sie Ihr Versprechen, kein Krankenhaus aus Gründen der Inflation bzw. der Energiekosten zu schließen, einhalten; denn hier geht es um den Erhalt einer Infrastruktur, die für die Bürger mit zu den wichtigsten gehört!“

„Flagge zeigen, überzeugende Neuheiten präsentieren, Networking intensivieren: Das sind für die Unternehmen die Mittel der Wahl, um in einem herausfordernden Marktumfeld Stärke zu demonstrieren. Dazu boten Medica und Compamed mit ihrer internationalen Strahlkraft und einem hohen Maß an Entscheidungskompetenz seitens des besuchenden Fachpublikums beste Gelegenheiten“, unterstrich Erhard Wienkamp, Geschäftsführer der Messe Düsseldorf, die hervorgehobene Rolle beider Veranstaltungen als Plattformen für das globale Healthcare-Business. Mehr als 80 Prozent aller Fachbesucherinnen und Fachbesucher sind in ihren Unternehmen und Einrichtungen maßgeblich in wichtige Geschäftsentscheidungen eingebunden.

Um in einem dynamischen Marktumfeld verlässlich über Ländergrenzen hinweg Lösungen für Kliniken und den ambulanten Bereich anbieten zu können, setzen Medizintechnik-Unternehmen stärker denn je auf Kooperationen – sowohl hinsichtlich der Fertigung als auch in Bezug auf die Vermarktung, den Vertrieb oder After-Sales-Services. Aus diesen Gründen ist die Medica als Ausgangspunkt für internationales Business geradezu prädestiniert, wie Yvonne Glienke, Geschäftsführerin des Medizintechnik-Netzwerks Medical Mountains, unterstrich: „Die Medica ist eine wichtige Plattform, um Kontakte auszubauen und Partner für gemeinsame Projekte zu finden.

Beide Aspekte flossen im Tech Forum zusammen. Hier konnte Medical Mountains erstmals seine Expertise an der Seite des Industrieverbands Spectaris einbringen und einen Netzwerkabend ausgestalten, denn Kooperation und Kommunikation sind die Triebfedern, um die Medizintechnik-Branche voranzubringen. Das Forum bot einen Überblick zu relevanten Medizintechnik-Themen – mit Sessions zu Aspekten der Produktzulassung, Zertifizierungsfragen oder Marktbesonderheiten in Bezug auf ausgewählte Ländermärkte. Laut Spectaris-Angaben erwirtschaftet die deutsche Medizintechnik-Industrie zwei Drittel ihres Umsatzes mit dem Exportgeschäft.

Digitalisierung im Fokus – Neuheiten für smarte Prozesse

Die zunehmende Ambulantisierung der Gesundheitsversorgung rückte Produkte und Services für den „Point-of-Care“ verstärkt in den Fokus. Die patientennahe Diagnostik und die Behandlung wurden in zahlreichen Foren und Gemeinschaftsständen anschaulich diskutiert und vorgestellt: ob im Medica Health-IT-Forum, dem TK-Econ-Forum, dem Connected-Healthcare-Forum und vielen weiteren Formaten. Als Dialogplattform zu Digital-Health-Trends mit integrierten Pitch-Wettbewerben speziell für Startups zeigte sich der Start-up-Park als großer Gemeinschaftsstand mit rund 40 Beteiligungen. Den Wettstreit um die 11. Start-up Competition entschied das spanische Start-up Idoven – mit einer Cloud-basierten, KI-gestützten Plattform für die EKG-Analyse – für sich. Die Entscheiderfabrik prämierte nach einem dreistündigen Pitch die drei Start-ups Crewling, DeinePflege und Curevision.

Forschende am Fraunhofer IPA stellten während der Messe ein System für die Patientenanamnese bei der Aufnahme vor: Dabei soll die unmittelbare Anwesenheit von medizinischem Personal nicht mehr erforderlich sein. Eine ausgetüftelte Sensorik sorgt dabei für die automatische Erfassung von Vitaldaten, ein Avatar unterstützt bei der Befragung der Erkrankten.

Die Entwicklung stark automatisierter Prozesse bestätigte Axel Weber, Vice President Sales Medical Robotics von KUKA Deutschland: „Die Medica ist die größte Medizintechnik-Fachmesse der Welt. Hier können wir innovative Technologien präsentieren. Mit Robotik gestalten wir die Medizintechnik von morgen. Ein Trend ist die Zunahme von mehr Autonomie in Systemen in der Medizintechnik. Diese werden durch zahlreiche Sensorik und künstliche Intelligenz in Zukunft mehr und mehr Aufgaben eigenständig durchführen können – in der Reha und später auch in der Chirurgie“.

Zulieferbereich: Spitzenknowhow für Spitzentechnologien

Eine wichtige Grundlage u.a. für sportliche Höchstleistungen unter Nutzung von Spitzentechnologie zeigten die rund 700 Unternehmen in den Hallen 8a und 8b der Compamed. Sie bieten der Medizintechnik-Industrie den Komplettbedarf an leistungsfähigen Komponenten und digitalisierten Lösungen, etwa Sensoren, Akkus, Chips, bioverträgliche und zugleich ultradichte Beschichtungen oder auch Funkmodule für mobile Diagnostikgeräte, Implantate oder auch Laborequipment. Immer noch im Trend ist und bleibt die Mikrofluidik. Das Handling von Flüssigkeiten auf kleinstem Bauraum ist bedeutsam für labormedizinische Testverfahren und in Folge der Corona-Pandemie nachhaltig in den Fokus gerückt.

Das ZVEI meldete ein weltweit stabiles Wachstum für Elektromedizin „Made in Germany“: 70 Prozent des Branchenumsatzes werde mit Kunden in europäischen und internationalen Märkten erzielt. Der Exportwert betrug 11,7 Mrd. Euro, allein in ersten drei Quartalen 2022.

Laut Hans-Peter Bursig, Bereichsleiter Gesundheit und Geschäftsführer des Fachverbands Elektromedizinische Technik im ZVEI, sind
Wachstumstreiber der global stattfindende demografische Wandel, die digitale Transformation in der medizinischen Versorgung und die immer genauer am Bedarf der Anwender ausgerichteten Angebote der Industrie. Diese Entwicklungen erforderten von den Herstellern strategische Weitsicht in der Produktentwicklung. Die Attraktivität deutscher Produkte bestehe vor allem in der hohen Qualität, marktgerechten Lösungen und gutem Service. Darin lägen seit Jahren ihre im Ausland bekannten Stärken.

Auch der Fachverband IVAM bestätigt diese Aussagen und ergänzt: Moderne Medizintechnik für Diagnostik und Therapie muss zunehmende Anforderungen an Mobilität und Energieeffizienz erfüllen. Aus diesem Grund bleibt die Nachfrage nach Miniaturisierungslösungen von medizinischen Komponenten weiterhin auf einem hohen Level.

Quelle Text und Bild: Mirjam Bauer