Neu: DAK-Pflegereport Demenz in Berlin vorgestellt

(November 2017) Pflegen bis zur Erschöpfung: Wer sich intensiv um demente Angehörige kümmert, ist oft am Ende seiner Kräfte. Selbst im Umfeld von Menschen mit Demenz sagt jeder Dritte, oft erschöpft zu sein. So fordern neun von zehn mehr Unterstützung; immerhin 80 Prozent der Deutschen denken, dass Menschen mit Demenz und ihre Familien mehr Respekt verdienen.

Das geht aus dem aktuellen Pflegereport der DAK-Gesundheit hervor, der Ende Oktober in Berlin vorgestellt wurde. Der Report zeigt: Jeder Fünfte hält Wohngruppen für die beste Betreuungsform Demenzkranker. In Wohngruppen leben jedoch nur knapp zwei Prozent der Betroffenen. Laut der Studie gibt es Defizite in Diagnostik und Versorgung. Angesichts der Ergebnisse schlägt DAK-Vorstandschef Andreas Storm neue Wege vor, die Pflege zu stärken. Derzeit leben in Deutschland rund 1,6 Millionen Menschen mit Demenz. Schätzungen zufolge könnten es 2050 doppelt so viele sein.

Beim Wunsch nach mehr Unterstützung steht das Geld an erster Stelle: 86 Prozent der Befragten geben an, mehr finanzielle Hilfe zu brauchen. Zwei von drei möchten mehr Unterstützung durch professionelle Dienste. 60 Prozent erwarten für sich und ihre dementen Familienmitglieder mehr Selbsthilfe-, 42 Prozent mehr Informationsangebote. Jeder dritte pflegende Angehörige will Unterstützung durch Freiwillige und günstigere Möglichkeiten, sich von privaten Pflegekräften unterstützen zu lassen. Für den DAK-Pflegereport hat das AGP Institut Sozialforschung an der Evangelischen Hochschule Freiburg untersucht, welche Erfahrungen, Erwartungen und Ängste die Menschen zum Thema Demenz haben. Dabei stand im Mittelpunkt: Ist trotz Demenz ein gutes Leben möglich?

„Ein überraschendes Ergebnis des DAK-Pflegereports ist die positive Haltung vieler Menschen zu Demenz“, sagt DAK-Chef Andreas Storm. „Fast jeder zweite der Befragten mit dementen Angehörigen hält ein gutes Leben mit Demenz durchaus für möglich. Wir müssen die Krankheit als soziale Tatsache akzeptieren und lernen, Betroffene mitsamt ihrer Persönlichkeit zu respektieren. Menschen mit Demenz haben das gleiche Recht auf Würde, Selbstbestimmung und ein sinnerfülltes Leben wie wir alle.“

Knapp jeder vierte Deutsche hat schon Angehörige mit Demenz begleitet. 69 Prozent der Menschen mit Demenz haben laut Befragung in ihrem eigenen Zuhause gelebt. Bei der Frage, welches die beste Art der Betreuung und Unterbringung ist, herrscht dennoch Unsicherheit. „Der Report zeigt erstmals, wie viele Menschen ambulant betreute Wohngruppen für Demenzkranke befürworten“, sagt Pflegeexperte Thomas Klie, der den Report wissenschaftlich begleitet hat. „Leider deckt sich die Realität jedoch nicht mit den Wünschen der Bevölkerung. Gerade diese Form der Betreuung ist nur in wenigen Regionen verfügbar.“

Andreas Storm fordert daher, neue Wege zu gehen. Sein Vorschlag: Krankenhäuser, die nicht mehr benötigt werden, sollen in Pflegekompetenzzentren umgewandelt werden. Dort können wichtige Angebote, von Beratung über spezialisierte Wohngruppen bis Kurzzeitpflege, unter einem Dach gebündelt werden. Grenzen zwischen ambulanter Pflege, Geriatrie und Pflegeheimen würden überwunden. „Gerade im kommunalen und ländlichen Bereich könnte so die Pflege gestärkt werden“, sagt Storm. „Pflegekompetenzzentren kämen sowohl den Pflegebedürftigen als auch deren Angehörigen zu Gute.“

Teil des DAK-Pflegereports ist eine Auswertung von Patientendaten. Diese zeigt Handlungsbedarf: Fast alle Demenzpatienten (95 Prozent) werden nach ihrer Diagnose mindestens einmal pro Quartal ärztlich behandelt. Die Diagnostik sei nicht immer klar genug, um die beste Versorgung sicherzustellen, warnt Klie: Fast zwei Drittel der Erstdiagnosen von Demenz werden nicht anhand adäquater Leitlinien gestellt.

Neben der Bedeutung für Betroffene und Angehörige stellt der DAK-Pflegereport den Einfluss von Demenzdiagnosen auf das Gesundheitssystem heraus. Die Kosten, die für einen Patienten in Kranken- und Pflegeversicherung entstehen, steigen nach einer Demenzdiagnose um 89 Prozent: Im Jahr vor der Diagnose sind es im Schnitt 12.768 Euro, im Jahr danach 24.128 Euro. Vor allem der Anteil der Pflegeleistungen steigt von rund 32 auf rund 42 Prozent der Gesamtkosten.

Für Angehörige von Menschen mit Demenz gibt es jetzt ein neues Online-Angebot der DAK-Gesundheit und der Moderatorin und Unternehmerin Sophie Rosentreter. Rosentreter bringt in empathischen Filmen näher, wie sich Betroffene fühlen und wie eine Demenz Menschen verändert. Ziel ist es, Verständnis zu wecken und für etwas Leichtigkeit im Umgang mit dem schweren Thema zu sensibilisieren. Die Filmreihe „pflegeleicht“ kann im Netz unter www.pflegeleicht.de und in der App DAK-Pflegeguide abgerufen werden.

Quelle Text: DAK

Quelle Bild: Mirjam Bauer