Personaltrends in der Medizintechnikindustrie – Änderungen in der Branche und ihre Auswirkungen auf die Personalanforderungen

(Dezember 2018) Auf der Medica 2018 sprach das Team der mt-medizintechnik deshalb mit Karen-Elise Rehlen. Sie ist Partnerin bei der internationalen Personalberatung Eric Salmon & Partners und leitet global die Life Sciences-Praxisgruppe des Unternehmens. Laut der Expertin müssen sich alle Unternehmen auf die geänderten Anforderungen einen Umbruch der Branche, einstellen.

Trend 1:

Verstärktes Outsourcing in den Bereichen F&E, Produktion und Vertrieb, um mit kleineren, schlagkräftigeren Teams flexibler reagieren zu können

  • Abbau von großen internen Teams in den genannten Bereichen
  • Wachstum und Stärkung der Dienstleistungsbranche, beispielsweise Contract Research Organisations (CRO’s), Contract Manufacturing und sog. Leihaußendienste
  • Partnermanagement, inkl. Scouting möglicher Partner, Management der Partnerschaften (Vertragsverhandlung, Intellectual Property-Themen, etc.), und internationales sowie cross-funktionales Projektmanagement als wichtige Kompetenzen In-House

Trend 2:

Geänderte Marktanforderungen führen zu neuen Vertriebsansätzen

  • Verdrängung des beziehungs- und produktorientierten Vertriebs durch den Lösungsvertrieb, wo nicht mehr einzelne Geräte, sondern komplexe Komplettlösungen angeboten werden, die in der Regel verschiedene Produkte, aber auch Service-, IT- und Beratungskomponenten (z.B. Prozessoptimierungen, Logistikkonzepte, etc.) enthalten
  • Geänderte Entscheiderstrukturen auf Abnehmerseite: Wo noch vor ein paar Jahren die Ärzte, relativ frei entscheiden konnten, sind es heute die Einkaufsabteilungen oder Klinikverwaltungen, die Entscheidungen vor allem auf Basis wirtschaftlicher Überlegungen treffen. Daher werden große Vertriebsmannschaften abgebaut und ersetzt durch deutlich kleinere Key Account Management-Abteilungen, die stark konzeptionell und analytisch arbeiten und über sehr gute Verhandlungskompetenzen verfügen.
  • Kleinere Kunden – beispielsweise niedergelassene Ärzte – werden über Tele-Sales oder Internet-Kanäle betreut. Auch hier werden ganz neue Kompetenzen benötigt, die bislang in der Industrie wenig vorhanden sind und aus anderen Industrien „eingekauft“ werden.
  • Stärkerer Fokus auf Key Opinion Leader Management mit Involvierung aller Hierachieebenen
  • Die wachsende Bedeutung der IT-Komponente zur Vernetzung der verschiedenen Komponenten führt zum Aufbau von Teams in Bereich Healthcare IT, insbesondere bei den Herstellern von Großgeräten.
  • Auch klassische Software-Unternehmen bauen massiv Medizintechnik-/Gesundheits-Know How auf und treten auf Basis ihrer IT-Kompetenz in den Healthcare-Markt ein.
  • Market Access Know How wird eine immer wichtigere Kompetenz, auch für Führungskräfte

Trend 3:

Direktansprache der Patienten

  • Quer über alle Segmente werden die Patienten oder ihre Interessenvertretungen – online, aber auch über traditionelle Kommunikationskanäle – direkt angesprochen, um sie in die Entscheidung einzubinden und eine Produktpräferenz zu generieren; Medizinprodukte werden zu „Marken“
  • Teilweise wird die benötigte Expertise aus anderen Branchen zugekauft, beispielsweise im Bereich Direct-to-Patient-Kommunikation/-Marketing aus der Konsumgüter- oder der Telekommunikationsbranche

Trend 4:

Neue regulatorische Herausforderungen

  • Über alle Produktbereiche hinweg sind seit des Inkrafttretens der neuen Medizinprodukteverordnung die regulatorischen Anforderungen an die Hersteller von Medizinprodukten massiv gestiegen. Nur wenige Unternehmen sind darauf schon ausreichend vorbereitet und haben die nötigen Kompetenzen aufgebaut.
  • Durch neue Technologien werden Produkte individualisiert. In einigen Feldern, z.B. im Bereich der Implantate/Orthopädie, ermöglichen es Entwicklungen wie zum Beispiel der 3D-Druck, Produkte auf den einzelnen Patienten zu adaptieren. Hier ist noch die Frage offen, wie man mit der Zulassung und Testung solcher einmaliger Produkte umgeht.

Trend 5:

Verbesserte Versorgung der Patienten auf die Distanz und Compliance-Kontrolle durch Healthcare IT-Lösungen

  • Über digitale Technologien kann die Compliance der Patienten zu bestimmten Behandlungsmethoden besser verfolgt, der Behandlungserfolg besser überprüft und Notfälle können automatisch gemeldet werden.
  • Letztendlich wird es dadurch möglich, Patienten früher aus dem Krankenhaus zu entlassen und ambulant weiter zu behandeln, für Patienten in abgelegenen Gebieten wird eine regelmäßige Kontrolle bzw. Interaktion mit dem Arzt einfacher, etc. Auch ergeben sich daraus etliche Möglichkeiten im Präventionsbereich. Allerdings setzt solchen Modellen die heutige Gesetzgebung enge Grenzen.

Fazit:

Die Medizintechnikbranche befindet sich im Umbruch. Die stattfindenden Veränderungen sind hauptsächlich bedingt durch neue technologische Entwicklungen, Änderungen in den Gesundheitssystemen, die sich auf das Verhalten aller Stakeholder auswirken, sowie gestiegene regulatorische Anforderungen. Alle Unternehmen müssen auf die geänderten Anforderungen der Märkte reagieren, auch in ihren Personalentscheidungen.

Quelle Text und Bild: Karin-Elise Rehlen

Einen ausführlichen Artikel zu diesen Thesen finden Sie in einem der kommenden Printhefte der mt-medizintechnik 2019.

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