Pflegeheim Rating Report 2022: Wirtschaftliche Lage deutscher Pflegeheime ist angespannt

(Dezember 2021) Die wirtschaftliche Lage deutscher Pflegeheime hat sich seit dem Jahr 2016 stetig verschlechtert. Rund 20 Prozent lagen 2019 im „roten Bereich“ mit erhöhter Insolvenzgefahr, gut 26 Prozent schrieben einen Jahresverlust. Die Trends zur Ambulantisierung und Privatisierung hielten an, die Personalknappheit ist gestiegen.

Durch die Alterung der Gesellschaft ist bis 2030 in Deutschland mit 4,9 Millionen Pflegebedürftigen zu rechnen, das entspricht einer Steigerung von 20 Prozent gegenüber dem Jahr 2019. Damit verbunden steigt der Bedarf an Pflegepersonal und Kapital. Zu diesen und vielen weiteren Ergebnissen kommt der „Pflegeheim Rating Report 2022“.

Die wirtschaftliche Lage deutscher Pflegeheime ist angespannt, sie hat sich seit dem Jahr 2016 kontinuierlich verschlechtert. Grund dafür ist der zunehmende Kostendruck der Heime. Im Jahr 2019 befanden sich ca. 20 Prozent im „roten Bereich“ mit erhöhter Insolvenzgefahr, 38 Prozent im „grünen Bereich“ mit geringer Insolvenzgefahr und 42 Prozent dazwischen im „gelben Bereich“. Ihre durchschnittliche Insolvenzwahrscheinlichkeit lag mit 2 Prozent etwas höher als bei Krankenhäusern. Verschlechtert hat sich auch die Ertragslage: Schrieben 2016 nur rund 10 Prozent der Pflegeheime einen Jahresverlust, waren es im Jahr 2019 bereits 26,5 Prozent.

Das Marktvolumen der ambulanten und stationären Pflegedienste betrug im Jahr 2019 rund 60 Milliarden Euro. Gegenüber anderen Teilbereichen des Gesundheitsmarkts ist der Pflegemarkt am stärksten gewachsen. Sein Anteil am gesamten Gesundheitsmarkt ist zwischen 1997 und 2019 von 9,8 Prozent auf 14,7 Prozent gestiegen. Damit rangiert die Pflege in ihrer Bedeutung aktuell an zweiter Stelle hinter den Krankenhäusern.

Die wirtschaftliche Situation der Heime war in Sachsen, Berlin/Brandenburg/Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt/Thüringen am besten und in Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein/Hamburg und Niedersachsen/Bremen am schlechtesten. 

Erneut wurden mehr Pflegebedürftige ambulant versorgt. Ihr Anteil ist zwischen 1999 und 2019 von 20,6 auf 25,4 Prozent gestiegen. Es scheint sich bei der Ambulantisierung um einen längerfristigen Trend zu handeln, der sich durch die Pandemie und Aufnahmestopps bei Heimen vermutlich beschleunigt hat. Die Anzahl stationär gepflegter Menschen blieb 2019 dagegen konstant.

Auch der Trend zur Privatisierung hält weiter an. Wurden im Jahr 1999 noch 25,4 Prozent der Pflegebedürftigen in einer privaten Einrichtung versorgt, waren es im Jahr 2019 bereits 39,5 Prozent. In ambulanten Diensten stieg der Anteil zwischen 1999 und 2019 von 35,6 auf 52,3 Prozent. Die Zahl der Plätze in privater Trägerschaft stieg seit 1999 um 128 Prozent. Dabei arbeiten Heime in privater Trägerschaft insbesondere in Westdeutschland kostengünstiger als öffentlich-rechtliche oder freigemeinnützige Heime. Inklusive des Investitionskostenanteils lagen ihre Preise 7 Prozent unter dem westdeutschen Durchschnitt. In Ostdeutschland ist dieser Unterschied weniger stark ausgeprägt, die Preise privater Heime lagen dort 1 Prozent unter dem ostdeutschen Durchschnitt.

Im Pflegebereich herrscht weiterhin Personalknappheit. In der ambulanten und stationären Pflege waren im Jahr 2019 insgesamt 866.000 Vollkräfte beschäftigt, davon 339.000 Pflegefachkräfte. Zwar sind zwischen 1999 und 2019 395.000 zusätzliche Vollzeitkräfte hinzugekommen. Da der Bedarf an weiteren Arbeitskräften derzeit am Arbeitsmarkt nicht vollständig gedeckt werden kann, besteht jedoch ein zunehmender Mangel an Pflegefachkräften.

„Mit der fortschreitenden Alterung der Gesellschaft wird auch die Zahl der Pflegebedürftigen weiter steigen. Um sie adäquat versorgen zu können, braucht die deutsche Pflegebranche in den nächsten Jahren zusätzliches Personal und Kapital“, sagt RWI-Pflegeexperte Ingo Kolodziej. „Um die Personalknappheit zu überwinden, gilt es, Pflegeberufe attraktiver zu machen, sowohl durch höhere Löhne für qualifiziertes Personal als auch durch bessere Arbeitsbedingungen“, so Kolodziej.

Datengrundlage des „Pflegeheim Rating Report 2022“ sind 427 Jahresabschlüsse aus den Jahren 2014 bis 2019. Sie umfassen insgesamt 2.113 Pflegeheime bzw. rund 14 Prozent des Marktes. Der Report wird gemeinsam vom RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung und der Institute for Healthcare Business GmbH (hcb) in Kooperation mit der Evangelischen Bank eG und der Curacon GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft sowie mit Unterstützung der Terranus Consulting GmbH erstellt. 

Der Meldung liegt die Studie „Pflegeheim Rating Report 2022: Der Pflegemarkt unter Druck – Zeit für Veränderung“ zugrunde. Sie kann kostenpflichtig beim medhochzwei-Verlag bestellt werden.

Quelle Text: medhochzwei Verlag GmbH

Quelle Bild: alphatron